Kino Krumpendorf

Im November 1969 hatte die Verwechslungskomödie „Hilfe, ich liebe Zwillinge“ Premiere. Der erste Wörtherseefilm von Karl Spiehs und seiner Lisa Film mit Roy Black und Uschi Glas. Man kann davon ausgehen, dass er auch im Kino Krumpendorf lief. Gerade noch rechtzeitig bevor das Kino im September 1970 seine Pforten schloss.

Hilfe, ich liebe Zwillinge, Filmplakat 1969
Hilfe, ich liebe Zwillinge, Filmplakat 1969 (Lisa-Film)

Bevor die Lichtspiele Krumpendorf 1948 in den dafür gebauten Saal an der Hauptstraße 123 einziehen konnten, hatte das Wanderkino die Filmwelt nach Krumpendorf gebracht. Vorgeführt wurden die Filme in Gasthäusern. Von weit her kamen die Leute, um sich von den bewegten Bildern verzaubern zu lassen. Der Stummfilm „König der Könige“ aus dem Jahre 1927 wurde im Gasthof Koch gezeigt.

Betreiber des neu errichteten Kinos in Krumpendorf, wie auch in vielen anderen Orten Österreichs, war der 1945 gegründete Kriegsopfer- und Behindertenverband. Die Selbsthilfeorganisation kümmerte sich um Rehabilitation und Integration der Kriegsopfer in Beruf und Gesellschaft. Das Kino beim Gasthof Feuchter (früher Hammerl-Anwesen) war großzügig ausgelegt. Es bot 240 Personen Platz. Nach dem Krieg liefen vorwiegend Heimatfilme und Komödien.

Helga Duffek-Kopper beschreibt in ihrem Buch „Heiligengeistplatz – alles umsteigen!“ auf humorvolle Weise eine Kino-Vorstellung:

(…)
Der Film fängt an, wenn der Herr Babitsch und der Schneider Koban eingelangt sind. Der Herr Babitsch ist Musiker, Chorleiter später, er hat einen grauen Schnurrbart und einen ungarisch-tschechischen [sic] Akzent, mit dem er die Filme kommentiert. Der Schneider Koban ist klein, wird nie mit einer Frau gesehen und färbt sich trotzdem die Haare pechschwarz. Auch er kommentiert die Filme während der Vorführung, vor allem aber in den Pausen. Eine Pause gibt es alle 20 Minuten, wenn die Filmrollen gewechselt werden müssen, weil es nur eine Vorführmaschine gibt. Die Kommentare sind auch für den Rest des Publikums von einer gewissen Notwendigkeit, weil die amerikanischen, englischen und russischen Filme in Originalton mit Untertiteln gespielt werden. Die Kommentare bedeuten nicht, dass der Herr Babitsch und der Schneider Koban die Originaltöne verstehen oder gar dolmetschen, sie geben dem Inhalt nur eine populärwissenschaftliche Prägnanz. (…)

Filmprogramm Kino Krumpendorf 1969
Filmprogramm Kino Krumpendorf 1969

Anton Kofler, ehemaliger Direktor der Kriegsopferkinos in Klagenfurt, erinnerte sich:

Das Kino war beim Feuchter. Herr Leitgeb war der erste Vorführer in Krumpendorf. Die erste Maschine war eine Ernemann 7b, die beste Maschine der damaligen Zeit. Diese Maschine war angeblich die Vorführmaschine von Hitler in Berchtesgaden. Geschäftsführer und Obmann des Kriegsopferverbandes war damals Karl Hofer. Herr Leitgeb wurde entlassen und ich kam nach Krumpendorf. Es gab nur eine Maschine. Auf mein Anraten hin wurde in Wien eine zweite Maschine , eine Erko, gekauft. Ich bemängelte den Brandschutz. Die Filme waren damals Nitrofilme, die sehr leicht brennbar waren. Riss ein Film, musste die Maschine sofort abgeschaltet werden, da sich ein stehender Film nach kürzester Zeit entzündete. Als ich schon nicht mehr in Krumpendorf war, kam es 1954 tatsächlich zu einem Brand. Der Film hieß „Flucht in die Berge“. Die Vorstellung wurde zur „Flucht ins Freie“. Ich war damals schon im Wulfenia, hatte aber noch die Verantwortung für Krumpendorf.

Operateur war Bezeichnung für Vorführer, der Operateur war aber über dem Vorführer, da er die Verantwortung für das gesamte Kino hatte und über den Brandschutz Bescheid wissen musste. Um Vorführer zu werden, musste man eine Prüfung ablegen, die nicht leicht war. Man musste dafür als Praktikant 300 Tage Praxis nachweisen, dann eine schriftliche Prüfung am Vormittag und eine mündliche am Nachmittag ablegen. Ich habe bei Radio Prinz nach dem Krieg 1945 eine Lehre begonnen. Danach wurde ich Praktikant im Volkskino. Ich kannte die Maschinen. Von daher war es für mich leichter, die Prüfung zu machen, da diese im Volkskino abgehalten wurden. Ich war damals der jüngste Vorführer mit Prüfung. 1953 wurde ich nach Krumpendorf versetzt. Ich wollte eigentlich als Vorführer zum Stadttheater Klagenfurt. Damals war dort ein Kino. Man wollte mich aber vom Kriegsopferverband nicht weggehen lassen, hat mir ein besseres Gehalt geboten und das Versprechen, ins Wulfenia Kino zu kommen. Ich war ca. 3 Jahre in Krumpendorf. Mein Nachfolger als Vorführer ein Herr Popich.

Danach bin ich ins Wulfenia Kino, das neu erbaut worden war, gewechselt. Davor befand sich das Wulfenia Kino im Gasthof Hudelist (in Klagenfurt). 63 Großveranstaltungen habe ich im Wulfenia mitgemacht. Bei Premieren waren die Schauspieler anwesend wie z.B. Pierre Brice, der nur Französisch sprach und mit dem ich mich unterhalten habe, da ich auch etwas die Sprache spreche. Die Steinerne Brücke hat vom Kino gelebt.

Ich habe die Breitwandwerbung herausgebracht. Ich habe so breite Dias eingeführt, dass die ganze Leinwand ausgenutzt wurde. Das hatte zur Folge, dass die Firmen mit der Zeit mit ihrer Werbung zu mir gekommen sind. Es gab vor jedem Film 15 Minuten Werbung.

Bei Herrn Horten habe ich ebenfalls Filme vorgeführt. Er hatte eine große eigene Vorführmaschine.

Auch in der Presse wurde über den Brand am 6. März 1954 berichtet. Im Zuschauerraum befanden sich ungefähr 200 Personen. Durch das schnelle Eingreifen der FF Krumpendorf konnte der Brand rasch gelöscht werden.

Am Samstag abend zwischen 20.30 und 21.30 Uhr brach im Vorführraum des Kinos Krumpendorf ein Brand aus, der die beiden wertvollen Vorführapparate vernichtete. Gespielt wurde der Film „Flucht in die Berge“, dessen uralte Kopie schon dermaßen geflickt und geklebt war, daß der Filmstreifen zuguter Letzt auch wirklich im Vorführapparat steckenblieb und die große Hitze der Kohlestablampen das Zelluloid in Brand setzen konnte.
In Nu brannte der sowieso schon feuergefährliche Film lichterloh, so daß der Operateur dem Feuer machtlos gegenüberstand und schleunigst das Feld räumen mußte. Die beiden sehr teuren Apparate brannten völlig aus. Der Sachschaden beträgt ungefähr 200.000 Schilling. Das Publikum merkte von dem Unglück, das sich im Verlaufe weniger Minuten abspielte, zuerst überhaupt nichts, und so blieb eine Panik glücklicherweise aus.

Kinobrand 1954 Artikel Volkszeitung
Kinobrand 1954 Artikel Volkszeitung

Eine besondere Funktion hatte das Kino in den Jahren des Kirchenbaus 1959-1962. Die zu klein gewordene Georgskirche musste weichen, die neue, größere Christkönigkirche entstand. Also fanden die Sonntagsmessen im Kinosaal statt, der mit Stehplätzen an die 300 Personen fassen konnte. Im Winter war er wegen der Heizung angenehm, im Sommer wegen der vielen Gäste zu klein, daher gab es zusätzlich jeden Sonntag drei Gottesdienste in der Ulrichskirche in Pirk.

Altar im Kinosaal 1959
Altar im Kinosaal 1959 (Foto: Pfarrchronik Krumpendorf)

Zu Beginn jeder Vorstellung wurde vor allem lokale Werbung gezeigt. Es warben Klagenfurter Firmen, aber auch Geschäfte und Betriebe aus Krumpendorf. Danach folgte die Österreichische Wochenschau mit Nachrichten aus Österreich und aller Welt gefolgt vom Hauptfilm.

Werbedia Kino Krumpendorf Weihnachten 1968
Werbedia Kino Krumpendorf Weihnachten 1968

Mitte der 1960er Jahre gab es einen großen Boom um die Winnetou-Filme. Man konnte damals die Eintrittskarten auch tagsüber beim Betreiber des Minigolfplatzes (der befand sich am Gelände des jetzigen Parkbades) kaufen. Die Nachfrage war groß.

Worauf bei den Vorstellungen besonders geachtet wurde, war die Altersfreigabe. Manchmal stand auch ein Gendarm am Eingang. Die Filme waren mit Sternen gekennzeichnet, die folgende Bedeutung hatten:
* Jugendfrei – ** Jugendfrei ab 14 Jahren – *** ab 16 Jahren zugelassen – **** Jugendverbot.

Als das Fernsehen mehr und mehr Einzug in die Haushalte hielt, und die Leute aufgrund der gestiegenen Mobilität immer leichter nach Klagenfurt kamen, nahmen die Besucherzahlen im Kino ab. Auch das Filmangebot wurde immer bescheidener und zum Ende der 1960er Jahre war das Programm von Schmuddel- und Haudrauffilmen durchzogen. Dagegen setzten der Neue Deutsche und Österreichische Film. Unser Kino hat das nicht mehr miterlebt. Es schloss mit 30.9.1970 seine Pforten. Bei der letzten Vorstellung um 20:30 Uhr lief „Die drei Scheinheiligen“ mit Willy Millowitsch und Harald Juhnke.

Nach der Schließung erfolgte eine gastronomische Nutzung. Untenstehende Ansicht zeigt den Kinotrakt sowie den großzügig angelegten Gastgarten des Café Restaurant Promenade, das von Frau Feuchter betrieben wurde.

Café Restaurant Promenade Hauptstraße 123
Café Restaurant „Promenade“ Hauptstraße 123 1970/80er Jahre

Nach längerem Leerstand zog eine Tochter der Vorarlberger Firma Marte Ges.m.b.H. ein, die von Krumpendorf aus Feuerwehrprodukte sowie -fahrzeuge vertrieb. Nach Insolvenz der Mutterfirma, gründete Hans Koch 2006 das Unternehmen Koch GmbH mit dem Schwerpunkt Brandschutz, Brandbekämpfung, Katastrophenschutz. Der Firmensitz befindet sich 2021 nach wie vor in den ehemaligen Räumlichkeiten des Kinos, Hauptstraße 123.

Ehemaliges Kino Haus Hauptstrasse 123 (2021)
Ehemaliges Kino Haus Hauptstrasse 123 – (2021)

Die letzten Vorstellungen im Kino Krumpendorf

Mittwoch, 23.9.1970
John und Mary, 18:30 und 20:45

Donnerstag, 24.9.1970
Kampfgeschwader Totenkopf, 18:30 und 20:45

Freitag, 25.9.1970
Das Gold von Sam Cooper, 18:30 und 20:45

Samstag, 26.9.1970
Die Vampire des Dr. Dracula, 18:30 und 20:45

Sonntag, 27.9.1970
Die Unbesiegten, 18:30 und 20:45

Montag, 28.9.1970
Ach blas mir doch einen …. Marsch, 18:30 und 20:45

Dienstag, 29.9.1970
Häschen in der Grube, 18:30 und 20:45

Mittwoch, 30.9.1970
Die drei Scheinheiligen, 20:30
Mit Willy Millowitsch – Harald Juhnke


Quellen:

  • Alpenseebad Krumpendorf, Dr. Karl Dinklage, 1949
  • Pfarrchronik Krumpendorf
  • Gespräche mit Anton Kofler, Klagenfurt, 2012
  • Volkswille, 10. März 1954
  • Volkszeitung, 9. März 1954
  • Lisa Film GmbH, Velden
  • Karl Spiehs, Arno Wiedergut, Otto Retzer: Hollywood am Wörthersee, 2015

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