Seit vielen Jahren dominiert der Aussichtsturm am Pyramidenkogel den Wörthersee-Raum. Doch ist dieser Turm bei weitem nicht die erste Aussichtswarte am Wörthersee. 1950 entstand am Pyramidenkogel der erste Turm.

Bereits 1877 gab es am Kreuzbergl bei Klagenfurt einen 14 Meter hohen Holzturm, der 1895 durch einen gemauerten Aussichtsturm ersetzt wurde und seit 1965 als Sternwarte dient. Pörtschach hatte die „Hohe Gloriette“ seit 1902, der „Schrotturm“ zwischen Krumpendorf und Klagenfurt konnte von 1927 bis 1970 als Aussichtswarte genutzt werden. In Reifnitz baute man den Bergfried der Burg Reifnitz 1894 zu einer Aussichtswarte um, die bis 1930 besucht werden konnte.
Ein kurzes Leben fristete der sogenannte „Weiße Turm“, ein fünfgeschossiger Holzwerkbau.
„Der weiße Turm am schwarzen Felsen“ wurde 1928 von Dr. Viktor Ohmacht erbaut. Mit seiner Sternwarte war er Krönung der „Erholungsstätte Maiernigg“, die zu einer „Lebensschule“ zur Erholung für Körper, Geist und Seele, mit Sport, Vorträgen, Lebens- und Eheberatung ausgebaut werden sollte. Die damalige Wirtschaftskrise machte diese Pläne zunichte. Der Turm verfiel. 1960 brannte er ab.
Infotafel an der Turmruine
Von diesen Aussichtstürmen besteht im 21. Jahrhundert nur mehr der Pyramidenkogel. Der Neubau fertiggestellt im Jahr 2013 besticht durch seine interessante Form in Holzbauweise sowie durch seine nächtliche Beleuchtung.



Wie aber entstand nun der Gedanke für die Errichtung von Aussichtswarten in Krumpendorf?
Aus dem Kreis der zunehmenden Anzahl an „Sommerfrischlern“ in Krumpendorf Ende des 19. Jhdt. hörte man immer öfter den Wunsch nach Wanderwegen in den Wäldern und vor allem nach einer Aussichtswarte am Pirkerkogel. Das Grazer Tagblatt berichtet bereits am 5. April 1892 vom Ansinnen des Deutschen und Österr. Alpenvereines, „am Pirkerkogel eine Aussichtswarte zu errichten, die mit Spenden finanziert werden sollte“.
Die Umsetzung dieser Idee erfolgte dann noch im selben Jahr, denn in einem Bericht der „Freien Stimmen“ vom 20. August 1892 ist festgehalten, dass „die Aussichtswarte am Pirkerkogel am 17. August 1892 durch den Obmann des Klagenfurter Alpenvereines, Oberbergrath Seeland, eröffnet wurde“. Diese dürfte aber nicht lange existiert haben, denn 1903 berichten die „Freien Stimmen“, dass die „100 Spazierwege am Wörthersee“ sehr fehlerhaft seien, denn eine Aussichtswarte am Pirkerkogel gäbe es gar nicht! Gesichert ist auf jeden Fall, dass am Gipfel des Pirkerkogels ein Aussichtspunkt geschaffen wurde, da im Bericht der „Freien Stimmen“ die Höhe mit 671 m richtig angegeben wurde. Am 4. August 1897 bestätigt dies die „Kärntner Zeitung“, kritisiert allerdings:
Kärntner Zeitung, 4. August 1897
„Die Aussicht von der Höhe des Pirkkogels gilt mit Recht als eine der schönsten und empfehlenswertesten, welche die Hochgelände des Wörther Sees bieten. Leider scheint die Section Klagenfurt des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines, welche seinerzeit in dankenswerter Weise die Wegmarkierung vornahm und auf der Spitze des Kogels eine hübsche Aussichtswarte erbaute, diesen reizenden Punkt aus dem Auge verloren zu haben, denn Besucher desselben fanden in jüngster Zeit, daß die Wegmarkierungszeichen sehr mangelhaft geworden sind, daß in den letzten Theilen des Aufstieges der Weg sehr häufig durch von Schnee oder Wind gebrochenen Bäumen unpassierbar ist, und vor allem, daß die Aussichtswarte sehr ruinös geworden ist, ja, daß der Aufenthalt auf derselben geradezu lebensgefährlich sein kann, wenn eine größere Gesellschaft sich einfinden sollte; es fehlen Bretter in den Böden der Etagen, Stiegenbestandtheile und Geländer, und das Gebliebene ist stellenweise so morsch, daß ein Zusammenbruch zu befürchten ist. Vielleicht ließe sich diese Warte mit jetzt noch unbedeutenden Kosten erhalten, wofür gewiß viele Naturfreunde dankbar wären.“
Es ist daher anzunehmen, dass es wirklich am Gipfel des Pirkerkogels eine mehrgeschossige Aussichtswarte gab, die allerdings nicht lange existierte. Offenbar kümmerte sich niemand darum, und so verfiel dieser Aussichtspunkt ziemlich rasch. Eine neue Aussichtswarte wurde am Kraschonighügel einige Jahre später errichtet.
Die folgende Darstellung des – vermutlich ersten und einzigen Turmes am Gipfel des Pirkerkogels – scheint sehr idealisiert zu sein, denn so hat er sicher nicht ausgesehen. Der Planer des Turmes war der Architekt Georg Horčička, Stadtbaumeister von Klagenfurt, dieser Name scheint auch auf der Ansichtskarte des Turmes rechts unten auf – es könnte sich daher bei dieser Ansichtskarte um eine Plan- bzw Wunschvorstellung des Architekten bezüglich der Errichtung des Turmes gehandelt haben.

Unter der leitenden Hand von Stadtbaumeister Horčička wurde in Krumpendorf u.a. 1902 die Seerestauration bei der Schiffsanlegestelle, die Villa Lamprecht (Hauptstraße 140) erbaut, ebenso die Villa Spitra, Südbahnweg 141 und in Klagenfurt das Stadttheater, das Palais Sterneck und viele andere Gebäude.
Somit scheint gesichert zu sein, dass es am Pirkerkogel zwei verschiedene Aussichtswarten gab, eine am Gipfel des Kogels, die nur kurz existierte, und eine weitere hinter dem Anwesen Krainer vlg. Kraschonig. Es bestehen zumindest zwei Ansichtskarten von diesem zweiten Turm. Nach einem Villenplan der Gemeinde aus dem Jahr 1913 gibt es in Leinsdorf kurz nordwestlich des Anwesens Kraschonig eine Eintragung „Aussichtswarte“.

Auszug aus dem Villenplan der Gemeinde Krumpendorf vom Jahr 1913. Das Anwesen rechts unter der „Aussichtswarte“ ist das Kraschonig-Anwesen, links oben befindet sich das Anwesen Krakolinig. Somit ist der Standort des zweiten Aussichtsturmes genau verortet.
Wenn man auf dem Gipfel des Pirkerkogels steht, kann man feststellen, dass nicht einmal durch einen hohen Turm die Möglichkeit bestanden hätte, auf Krumpendorf zu schauen so wie es die beiden Ansichtskarten darstellen – das verhindert ganz einfach die hügelige Gegebenheit.
Die „Kärntner Zeitung“ vom 1. September 1907 verortet den Standort mit „auf der Künstlerhöhe bei Leinsdorf“.
Eingeweiht worden ist der Turm am 31. August 1907 (lt. Neuer Freier Presse) mit großem Wald- und Wiesenfest und am Abend Feuerwerk vom Turm, der in holzbauweise gestaltet war. Später führte ein Festzug die Teilnehmer zur Seerestauration, wo lustig weiter gefeiert wurde. Wie lange der Turm stand konnte nicht mehr eruiert werden. Die „Freien Stimmen“ vom 29. Juni 1926 berichten, dass zu dieser Zeit von einem Aussichtsturm am Pirkerkogel nichts mehr zu sehen war. Meine Mutter (1930 geboren) kann sich an diesen Turm jedenfalls nicht erinnern.

Das Foto des Turmes stellt diesen so dar, wie er auch ausgesehen hat. Auch von der Situierung her passt es.

Mit den Jahren verfiel der Turm zusehends. Übrig blieben die Betonfundamente. Mit dem Bau der Autobahn verschwanden auch diese. Eine Neuerrichtung war offenbar nie ein Thema.
Viel später – Ende der 1980iger Jahre – kamen manche „Touristiker“ wieder auf den Gedanken, einen neuen Turm am Pirkerkogel zu errichten. Das gelangte aber nicht einmal bis zur Planungsreife, denn der auf der gegenüberliegenden Seeseite schon seit längerer Zeit bestehende Pyramidenkogel war und ist für die Gäste das Ausflugsziel am Wörthersee. Ein Turm am Pirkerkogel wäre reine Geldverschwendung gewesen.
Autor: Heinz Kernjak
Quellen:
Der Pyramidenkogel und seine Türme, Andreas Kleewein, 2018
Grazer Tagblatt vom 5. April 1892
Freie Stimmen vom 20. August 1892 und 29. Juni 1926
Kärntner Zeitung vom 4. August 1897 und 1. September 1907
Neue Freie Presse vom 31. August 1907
Villenplan der Gemeinde Krumpendorf, 1913