Anna Pinter

(16.9.1881 – 25.10.1925)

Anna Pinter war so etwas wie eine „Heldin“. Nicht nur ihre Verwandten berichten davon in Erzählungen und Erinnerungen, das belegt auch ein Buch, das über sie geschrieben wurde. Ihre Kindheit verbrachte sie in Krumpendorf und auch nach dem Ersten Weltkrieg kehrte sie nach Krumpendorf zurück.

Anny Pinter in Krumpendorf
Anny Pinter in Krumpendorf

Anny Pinter, sie selbst schrieb ihren Vornamen so, wurde am 16. September 1881 in St. Josef am Ossiacher See (heute Tschöran) geboren. Ihre Eltern waren in Krumpendorf Hausverwalter bei der Familie Schöller, die drei Villen (Schöller I, II und III) an der Hauptstraße am östlichen Ortseingang besaß. Im Februar 1914 fand ein Einbruch in zwei Schöller-Villen statt, die Andreas Pinter bemerkte. Über den Einbruch wurde in der Kärntner Zeitung berichtet.

Einbruch in Villen Schöller in Krumpendorf im Feb. 1914
Einbruch in Villen Schöller in Krumpendorf
Kärntner Zeitung vom 20.2.1914

Ihr Vater Andreas Pinter war für die Rubsalbe bekannt, die heute nicht mehr hergestellt wird, da der giftige Bestandteil Minium nicht mehr erhältlich ist. Es handelte sich um eine schwarze Wund-, Heil- und Zugsalbe. Sie wurde bei offenen und geschlossenen Wunden, Abszessen, Schnitt- und Schürfwunden, Blutvergiftungen und Nagelbettentzündungen verwendet. Andreas Pinter und seine Frau haben auch Brüche eingerichtet und die Rubsalbe großflächig aufgelegt.

Annys Eltern Andreas und Anna Pinter
Annys Eltern Andreas und Anna Pinter (geb. Gaggl)

Über ihre Kindheit ist nichts weiter bekannt, aber als Mädchen mit 14, 15 Jahren wurde sie in Pörtschach in einem Hotel als Laufmädel angenommen, ging dann als Stubenmädchen nach Deutschland und kehrte unmittelbar nach Kriegsbeginn nach Hause zurück, um – als glühende Patriotin, die sie war – ihren Beitrag im Ersten Weltkrieg zu leisten, der sie dann so bekannt machte. Sie hatte einen älteren Bruder, Johann.

Anny vor Villa in Krumpendorf
Anny vor Villa in Krumpendorf

Sie meldete sich als Krankenschwester beim Roten Kreuz, wollte aber nicht im Hinterland bleiben, sondern direkt an der Front helfen. Das konnte sie durchsetzen, und so war sie mit einer Kollegin, Schwester Johanna Brandner, die als „Hansi“ bekannt war, an vielen Fronten des Ersten Weltkriegs zu finden. Sie beeindruckte durch Organisationstalent, außergewöhnliche Tatkraft und Tapferkeit, wie auch die Geschichte über ihre Soldatenrettungsaktionen in den Isonzo-Schluchten zeigt: So ließ sie sich dort zu den Verwundeten abseilen, und nach der Erstversorgung wurde sie dann mit ihrem jeweiligen Patienten wieder hinaufgezogen. Sie hat auf diese Art viele Leben gerettet, wie ein Arzt aus Radenthein, der Anny an der Front kennengelernt hatte, erzählte.

Anny Pinter am Anny-Brunnen im Ersten Weltkrieg
Anny Pinter am „Anny-Brunnen“ im Ersten Weltkrieg
Frontschwester Anny Pinter und ihre Kameradin Hansi Michaelis im Ersten Weltkrieg
Frontschwester Anny Pinter und ihre Kameradin Hansi Michaelis im Ersten Weltkrieg
Anny mit Kameraden und Kameradinnen auf der Wiese
Anny mit Kameraden und Kameradinnen auf einer Wiese

Ein Chefarzt, mit dem sie eine Zeitlang zusammenarbeitete, war so begeistert von ihr, dass er ihr nach dem Krieg einen enthusiastischen und wegen ihrer angegriffenen Gesundheit (sie bekam Lungen- und Kehlkopftuberkulose, an der sie später auch starb – sie war eine starke Raucherin) gleichzeitig besorgten Brief schrieb, der leider nur mehr zur Hälfte erhalten ist.

Anny Pinter soll als erste Frau mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet worden sein. Auf den erhaltenen Fotos ist diese Auszeichnung zu erkennen: Es handelt sich um eine Ehrenmedaille für Rot-Kreuz-Helfer, die von Kaiser Franz Joseph 1914 für die besonderen Leistungen der Sanitätsschwestern, -helfer, Ärzte etc. an der Front gestiftet wurde. So ist es tatsächlich möglich, dass sie eine der ersten oder vielleicht wirklich die erste Frau war, die diese Auszeichnung erhielt. Verliehen wurde sie ihr und ihrer Kameradin von der Erzherzogin Maria Theresia, die selbst als Schwester im Kriegseinsatz war.

Urkunde zur Verleihung der Sibernen Ehrenmedaille an Anna Pinter 1915
Urkunde zur Verleihung der Silbernen Ehrenmedaille an Anna Pinter 1915
Artikel zur Auszeichnung vom Roten Kreuz am 14.1.1916
Artikel zur Auszeichnung vom Roten Kreuz
(Neuigkeits) Welt Blatt, 14. Januar 1916
Anni Pinter und Hansi Michaelis anlässlich der Verleihung der Tapferkeistmedaille
Anny Pinter und Hansi Michaelis anlässlich der Verleihung der Tapferkeitsmedaille
Anny Pinter und Hansi Michaelis in offizieller Schwesterntracht
Anny Pinter und Hansi Michaelis in offizieller Schwesterntracht

Anny und ihre Kameradin waren aufgrund ihrer herausragenden humanitären Leistungen als „dunkler und heller Engel“ (Anny war ein eher südländischer Typ, wie auf den Fotos gut zu erkennen ist) in der Monarchie doch recht bekannt, was der Roman und eine ganze Reihe von Presseartikeln belegen.

Anny Pinter und Hansi Michaelis in offizieller Schwesterntracht
Hansi Michaelis und Anny Pinter in offizieller Schwesterntracht

Wie es Anny Pinter nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erging, ist nur spärlich bekannt. Sie soll auch – zumindest indirekt – im Kärntner Abwehrkampf tätig gewesen sein. Es heißt sie sei mit Flugblättern für ein ungeteiltes Kärnten, das sie gut verpackt auf dem Kopf befestigt hatte, über den Wörthersee geschwommen, um auch die Kärntner südlich des Sees (bzw. der Drau) davon zu überzeugen, bei der Volksabstimmung prokärntnerisch zu wählen.

Ihr Privatleben ist von einer jahrelangen Verlobung mit einem Hauptmann Matzke dominiert, die gegen oder kurz nach Kriegsende offenbar sehr abrupt zu Ende ging.

Anny Pinter mit ihrem Verlobten Hauptmann Matzke
Anny Pinter mit ihrem Verlobten Hauptmann Matzke

1924 kam es zu einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Wien. Zur Vorgeschichte: Anny Pinter wurde an der russischen Front durch einen Granatsplitter an der linke Hand verletzt. In Albanien pflegte sie Malaria- und Flecktyphuskranke, bis sie selbst an Flecktyphus und Malaria erkrankte. Im letzten Kriegsjahr wurde sie in der Ukraine gefangen genommen. Erst 1920 kam sie mit einem Kriegsgefangenentransport nach Hause. Sie wurde als Kriegsinvalide anerkannt. Man konstatierte ihr außer ihrer Verwundung und den Kriegsstrapazen einen chronischen Lungenspitzenkatarrh und chronische Malaria ohne Aussicht auf Besserung. Ihr wurde von der Invalidenentschädigungskommission Klagenfurt nicht nur die Vollrente, sondern auch der Hilflosenzuschuss zuerkannt, da derartig Fieberkranke ständig auf fremde Hilfe angewiesen waren. Gegen die Zuerkennung des Hilflosenzuschusses brachte die Bundesfinanzverwaltung Klage beim Verwaltungsgericht ein und bekam Recht. Dieses Urteil wurde in Öffentlichkeit mit Empörung aufgenommen. „Frauen an der Front – Weibliche Kriegsgefangene und Kriegsinvalide“ titelte eine Tageszeitung.

Artikel aus Neues Wiener Journal vom 14.5.1924
Artikel „Frauen an der Front“ aus Neues Wiener Journal vom 14.5.1924

Was man weiter weiß, ist, dass sie später wegen ihrer Krankheit regelmäßig in Klagenfurt in Behandlung war und wöchentlich mit einer Pferdekutsche zwischen Klagenfurt und Krumpendorf pendelte.

Am 25. Oktober 1925 starb Anny Pinter 44-jährig um 4:30 Uhr früh in Klagenfurt im Truppenspital in der Lerchenfeldstraße 27. Das Begräbnis fand am 27. Oktober um 15 Uhr auf dem Friedhof Annabichl statt. Das Grab ist längst aufgelassen, aber in den Unterlagen der Friedhofsverwaltung sind Grabnummer, Grabreihe etc. noch verzeichnet.

Außer einem Kaffeehäferl, das Anny Pinters Mutter gehörte, einigen Fotos, Postkarten, der Urkunde zur Verleihung der Silbernen Ehrenmedaille und zwei Briefen – einer von Anny Pinter selbst, der andere ist der nur zur Hälfte erhaltene Brief des Arztes – ist leider nichts von ihr geblieben.

Kaffeetasse von Annys Mutter Anna
Kaffeetasse von Annys Mutter Anna

Und natürlich gibt es „das Buch“! Die deutsche Schriftstellerin Suse von Hoerner-Heintze (1890-1978) ist Anny Pinter offenbar im ersten Weltkrieg begegnet – auch sie dürfte Rot-Kreuz-Schwester gewesen sein – und war von der forschen Kärntnerin dermaßen beeindruckt, dass sie beschloss, deren Leben in einem Roman aufzuarbeiten. „Die große Kameradin – Lebensroman der Frontschwester Anni Pinter“ erschien 1939/40. Es ist allerdings ein Roman, und so behandelt er das Schicksal von Anny Pinter auch. Vieles ist der dichterischen Freiheit geschuldet, aber im Großen und Ganzen dürfte Anny Pinters Leben schon ungefähr so verlaufen sein, wie es hier geschildert wird.

Buchcover - Die große Kameradin - von Susu von Hoerner-Heintze
Buchcover – Die große Kameradin – von Suse von Hoerner-Heintze

Anny Pinter starb kinderlos, aber der Familienzweig ihres Bruders setzt sich bis heute fort.

Die große Kameradin

Lebensroman der Frontschwester Anni Pinter von Suse von Hoerner-Heintze. Der Inhalt des Romans wird im nachfolgenden Abschnitt wiedergegeben. Die abgebildeten Fotos sind nicht Teil des Buches, sie stammen aus dem Nachlass. Die Schreibweise des Vornamens Anni mit „i“ ist dem Buch entnommen.

Die Saat

Auf einem Hügel bei Annabichl kommt es zur schicksalhaften Begegnung der kleinen Anni mit Conrad von Hötzendorf, der im Ersten Weltkrieg Oberkommandierender der k.u.k. Armeen sein wird. Als sie ihm kundtut, dass sie sich Hosen anziehen würde, um als Soldat für den Kaiser in den Krieg zu ziehen, rät Hötzendorf ihr: „Wenn einmal ein Krieg kommen sollte, dann hat der Kaiser Franz Josef viele tausend Soldaten, aber grad so notwendig wie diese Soldaten sind die Ärzte und Schwestern und eine tüchtige, gute Schwester kannst du mal werden.“ Als sie sich verabschieden, verspricht er ihr, ihr zu schreiben und er hält sein Versprechen.

Das Annerl hütet für einen Bauern das Vieh. So verdient sie ihr erstes kleines Geld. Sie will weiter kommen, mehr von der Welt sehen und so verlässt sie, als sie schon etwas älter ist, den Bauer. Sie findet eine Stelle als Laufmädchen im Hotel Krone in Pörtschach. Anni macht ihre Arbeit gut. Sie ist schnell, zuverlässig und rechtschaffen und so vermittelt sie die Kronenwirtin als Aufwaschmädl nach Bonn ins Deutsche Reich. Ihr Fleiß bringt sie weiter, sie wird erstes Stubenmädchen. In dieser Zeit verliebt sie sich in Robert Schlahm, einem k.u.k. Fähnrich, der Urlaub im Hotel macht. Als er später – zum Leutnant befördert – sie wieder besucht, schwebt Anni im siebten Himmel.

Annis Hilfsbereitschaft und Großherzigkeit gehen so weit, dass sie für ein schwangeres Stubenmädchen, das Bettwäsche und Handtücher gestohlen hat, die Schuld auf sich nimmt und damit das Mädchen, das kurz vor der Heirat steht, vor einer polizeilichen Ermittlung und dem Verlust der Arbeit bewahrt und ihr somit auch die Heirat rettet. Anni wird gekündigt. Sie geht nach Koblenz, bildet sich fort und findet eine Anstellung im Büro eines Hotels.

Anni möchte Robert heiraten, doch dieser verhält sich äußerst zurückhaltend. Er schiebt es auf die Kaution. Da er nichts unternimmt, schreibt sie mehrmals dem Kaiser und bittet um Erlass der Kaution. Als Leutnant müsste Robert bei Heirat eine Kaution hinterlegen, die weder er noch Anna aufbringen können. Alle Bittgesuche Annas werden abgelehnt. Daraufhin entschließt sie sich zu einer drastischen Maßnahme. Sie fährt nach Bad Ischl, wartet auf den Kaiserzug und wirft ihr Gesuch durch das offene Fenster des kaiserlichen Salonwagens. Der Brief landet nicht beim Kaiser, sondern bei seinem Ersten Oberhofmeister Montenuovo. Anna hat alles versucht und ist gescheitert. Sie wird warten müssen, bis Robert Oberstleutnant wird, dann ist keine Kaution mehr erforderlich.

Galizien

„Wir bekommen Krieg“ heißt es plötzlich, „Mobilmachung gegen Serbien“. Anni reist überstürzt ab. Sie kehrt nach Österreich zurück und macht eine Schwesternausbildung in Klagenfurt. Sie möchte an die Front nach Galizien. Doch wie das anstellen? Eigentlich ist es ausgeschlossen: „Die Schwestern bleiben selbstverständlich im Hinterland“ bekommt sie zu hören. Doch Anni gibt nicht auf und sie schafft es. Mit einem Oberleutnant des Kärntner Hausregiments Graf Khevenhüller Nr. 7 machen sich Anni und ihre Kameradin Hansi auf nach Galizien.

Als der Regimentsarzt an der Front die beiden wieder zurückschicken will, setzt sich Anni vehement dafür ein, bleiben zu können und sie hat Erfolg. Es ist anders als in Klagenfurt, wo die Verwundeten gepflegt, sauber, entlaust und rasiert waren und man hin und wieder unterdrücktes Wimmern oder Seufzen hörte. Hier schreien die Verwundeten in wilder Verzweiflung, ihre Gesichter sind schmutzig, verklebt und oft blutüberströmt.

Die Russen leisten in Galizien heftige Gegenwehr. Die Fensterscheiben der kleinen Sanitätsbaracke klirren vom Artilleriedonner. Die Russen stürmen vorwärts. Den Österreichern bleibt nur der Rückzug. Anni und Hansi werden von ihrem Regiment getrennt, das sie nach mehreren Tagen wieder erreichen.

Ein neuer Frontabschnitt entsteht. Es wird Tag und Nacht geschossen. Gorlice wird am 7. Mai 1915 erobert. Der Durchbruch ist gelungen, der Vormarsch im Gang. Überall strömen verwundete Russen zu den deutschen Verbandsplätzen und die beiden Schwestern sehen nur noch die Menschen, denen es zu helfen gilt. Sie haben das Gefühl am richtigen Platz zu stehen.

Als Anni gerade versucht, einen Sanitätskorb zu holen, schlägt eine Granate in unmittelbarer Nähe ein. Sie bleibt bewusstlos liegen. Als sie wieder zu sich kommt und realisiert, was passiert ist, sucht sie halb betäubt mit schmerzendem rechten Fuß und herabhängendem linken Arm ihre Kameradin. Sie findet Hansi unter Holzteilen und Erdmassen und sie lebt.

Die beiden Schwestern kommen in ein Heeresspital in Wien. Eine Seltenheit, denn normalerweise sind dort nur verwundete Soldaten untergebracht, aber zwei Rot-Kreuz-Schwestern?! Während ihres Aufenthaltes erklärt Italien Österreich den Krieg. Jetzt ist die Front auch in Kärnten und dort wollen die beiden hin. Anni trifft ihren Geliebten, Oberleutnant Robert Schlahm, wieder. Wie aufgeregt ist sie, voller Freude, doch er hadert.

Isonzo

Soca im Isonzotal 1915/16
Soca im Isonzotal 1915/16
Empfang an der Front
Empfang an der Front

Ankunft in Soca. Hansi bekommt die chirurgisch Kranken, Anni die Ambulanz und die Aufnahme. Nach kurzer Zeit übernimmt sie auch die Isolierstation, also die Infektion. Gleich zu Beginn 64 Kranke: Typhus, Meningitis, Ruhr, Scharlach, Rotlauf, Cholera und Malaria.

Isolier-Abteilung in Soca
Isolier-Abteilung in Soca
Anni Pinter vor Isolierabteilung
Anni Pinter vor der Isolier-Abteilung

Zwei neue reichsdeutsche Schwestern, Suse und Grete, kommen aus Breslau an. (Anm.: Vermutlich ist Suse die Autorin des Buches, die hier das erste Mal auf Anni trifft und später ihre Lebensgeschichte in Romanform niederschreiben wird.)

Feier im Freien in Soca
Feier im Freien

Robert schreibt Anni zu selten, wie sie es ihm auch mitteilt. Seine Worte sind nichtssagend, keine Liebesbezeugung. Wie sehr wünscht sie sich, dass er ihr seine Liebe gesteht, so wie sie sich nach ihm verzerrt. Sie sondert sich ab, ihre Stimmung verdunkelt sich. Ihr Tagebuch, das sie damals führt, gewährt Einblick in ihre seelische Verfassung.

Ein Lawinenabgang im Lepinjetal macht einen nächtlichen Einsatz notwendig. Eine Stunde mit dem Pferd. Das Ausmaß der Katastrophe ist gewaltig. Viele Verletzte und 293 Tote.

Am Beginn des Jahres 1916 stirbt Annis Vater. Die Mutter ist in eine kleines Häuschen von Verwandten gezogen. Anni leidet an Roberts Herzlosigkeit. Er schreibt ihr nur Belanglosigkeiten, wie z.B. dass der Kaffee im „Continental“ immer schlechter wird.

Am 30. Jänner 1916 ereignet sich ein grässliches Unglück. Zwei Autos mit Verwundeten sind bei Dunkelheit in einen Abgrund gestürzt. Bis 6 Uhr früh dauerte die Rettungsaktion. Anni klettert über die Felsen hinunter zu den Verwundeten. Alle konnten geborgen werden. Es gab drei Tote, die anderen hatten Arm- und Beinbrüche.

Albanien

Im Sommer 1916 heißt es Abschied nehmen, was beiden schwer fällt. Das Socatal ist ihnen wie eine zweite Heimat geworden. Mit der Bahn geht es nach Albanien. Kurzer Aufenthalt in Belgrad. Weiter geht es nach Skutari im Norden Albaniens. Gleich bei Ankunft wird klar, hier grassieren die Infektionskrankheiten auch unter dem Pflegepersonal. Sogar der Regimentsarzt ist so schwer an Schwarzwasserfieber erkrankt, dass er abgelöst werden muss. In der Nähe liegt Durazzo, das kürzlich erobert wurde. Die Schwestern beziehen im Mamuras Wald bei Durazzo ihr Quartier. Jede hat ein eigenes Zelt, eine kleine Moschee dient als Krankenstation. Die Tage sind unerträglich heiß, nur in der Nacht und in der Früh lässt sich gut arbeiten. Anni trifft den Heubringer Franz, den Koch aus dem Hotel am Rhein wieder. Er ist unter den Kranken und soll Verdächtige in der Krankenstation ausspionieren.

Zwischen Anni und Heubringer kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung. Heubringer ist scharf auf Hansi und als er eines nachts um ihr Zelt schleicht und zu ihr will, steht Anni mit einem geladenen Revolver davor und hindert ihn daran. Als er zugeben muss, dass er verheiratet ist, drei Kinder hat und seine Frau möglicherweise wieder schwanger ist, lässt er davon ab. Kurz darauf wird er zu einem Einsatz abberufen. Später dankt Heubringer Anni für ihr resolutes Einschreiten. Das vierte Kind ist gerade auf die Welt gekommen.

Wie Hansi erkrankt auch Anni an Malaria. Die Fieberschübe sind schlimm, aber wenn sie vorbei sind, wird weiter gearbeitet. Hansis Zustand verschlechtert sich. Zur Malaria ist Dysentherie (Anm.: auch Ruhr, eine entzündliche Erkrankung des Dickdarms) hinzugekommen. Sie wird im November zur Ausheilung der Krankheit nach Wien geschickt. Während Hansi in Wien ist, stirbt am 22.11.1916 Kaiser Franz Josef.

An der Front treffen Meldungen ein, die gefeiert werden. Der große Angriff der Entente mit Russen, Italienern, Franzosen und Serben ist bei Monastir vollkommen zusammengebrochen. Kurz darauf wird die rumänische Hauptstadt Bukarest von österreichischen und deutschen Truppen erobert.

Feiern in der Offiziersmesse 1916/17
Feiern mit Kammeraden

Anni erhält von Robert einen langen Brief. Welch eine Freude, endlich gesteht er ihr seine Sehnsucht nach einem Leben mit ihr. In ihren Urlaub geht es zuerst nach Wien, wo sie Hansi wieder sieht. Von Hansi erfährt sie, dass sie beide für ihren Einsatz eine Verdienstmedaille bekommen sollten, aber weil da diese Sache mit dem Diebstahl im Hotel in Bonn war, gehe das nicht. Anni erzählt Hansi, was damals wirklich passiert ist, dass sie nämlich den Diebstahl eines Zimmermädchens auf sich genommen habe. Anni fährt weiter nach Graz zu Robert, mit dem sie die restlichen Tage ihres Urlaubs verbringt.

In Berat wird eine große Infektionsabteilung gebaut. Anni und Hansi, die inzwischen auch wieder zurück ist, melden sich zum Dienst dorthin. Hansi übernimmt die Ruhrabteilung, Anni den Flecktyphus, die schwerste ansteckende Seuche jener Zeit. Zur Absicherung wird das Tor zur Baracke bewacht. Außer den Ärzten darf niemand hinein oder heraus.

Anni erfindet ein Rollbett für schreiende und phantasierende Feldtyphus-Patienten. Wird einer zu laut, bettet sie ihn um und rollt ihn in ein Isolierzimmer, wo er bleibt, bis er sich beruhigt hat. Täglich gibt es Hafer- oder Reisschleim und als Medizin Tierkohle.

Zwischen Hansi und Anni bricht ein Konflikt auf. Anni neigt dazu, die Jüngere zu kommandieren, traut ihr so gut wie keine eigene Entscheidung zu. Doch Hansi will selbstständig werden, sich nicht ständig schulmeistern lassen, sich frei entwickeln können. Anni kanzelt sie immer wieder mit dem Satz ab: „Du bist schön, aber dumm! Und ich bin hässlich, aber g’scheit.“

Im November 1917 erreicht Anni die Nachricht, dass es einen stürmischen Vormarsch an der Südfront gegeben habe, nach Friaul und Venetien über den Tagliamento und den Piave.

Anni zeigt immer wieder eine Härte, die ihr gar nicht so bewusst ist und die sie kurz darauf bereut. Als Hansi wieder Fieberschübe aufgrund ihrer Malaria bekommt und sich hinlegt, knurrt sie: „Ah Schmarrn, a bei Fiaba tut unsereins arbeiten.“ Hansi ist doch recht schwer erkrankt und wird nach Wien ins Lazarett geschickt.

Kriegsende

Im Dezember 1917 bricht Russland völlig zusammen. Lenin war zurückgekehrt und hat die Revolution entfacht. Hansi erholt sich langsam. Sie soll nicht mehr zurück ins Infektionsgebiet. Sie lässt sich an die Südfront ins Feldspital von St. Daniel versetzen. Dort fängt sie klein an. Der Chefarzt erkennt ihre Fähigkeiten und überträgt ihr immer mehr Verantwortung, die sie mit großer Freude meistert. Sie wächst daran.

Die Ukraine hat sich von Russland gelöst und mit den Mittelmächten Frieden geschlossen. Auch mit Russland kommt es im März 1918 zum Friedensvertrag von Brest-Litowsk. Anni erkrankt an einer Lungenentzündung. Die Balkanfront bricht zusammen. Der Krieg geht zu Ende. Am 9. November 1918 ruft Scheidemann in Berlin die Republik aus. (Anm.: Am 12. November 1918 wird Deutschösterreich zur demokratischen Republik erklärt.)

Hansi ist bereits in Wien. Sie geht täglich zum Südbahnhof, um auf den nächsten Zug vom Balkan zu warten, in dem sie Anni vermutet. Eines nachts ist es soweit. Tränen fließen beim Wiedersehen.

Anni will gleich zu Robert, doch Hansi überredet sie, erst mal mit ihr zu kommen. Sie erzählt, dass Robert bei einer anderen Frau wohnt. Anni will das klären und auch um ihn kämpfen. Robert ist inzwischen Hauptmann geworden. Zu zweit gehen sie in die Wollzeile, wo Robert jetzt wohnt. Das Treffen entwickelt sich zu einer emotionsgeladenen Auseinandersetzung. Roberts neue Freundin kämpft, schreit, beleidigt Anni und wirft in ihrer Eifersucht ein Trinkglas nach ihr, das Anni gekonnt auffängt. Robert bleibt passiv, tut nichts, um seine Verlobte zu verteidigen. Mit einem dumpfen Knall setzt Anni das Glas mit der Öffnung nach unten auf den Tisch und geht. Es ist vorbei.

Sie ist schwer getroffen. Die Tage danach isst und trinkt sie kaum etwas, schläft viel und redet auch nichts. Erst als sie einen Brief von ihrer kranken Mutter erhält, wandelt sich ihre Haltung. Sie fährt nach Krumpendorf. Annis Schwester ist inzwischen verheiratet und ausgezogen. Anni hilft ihrer Mutter, sie kümmert sich um die kleine Wirtschaft und das Vieh.

Ukraine

Nach dem Friedensschluss mit den Mittelmächten drangen russische Truppen in Kiew ein und richteten ein grauenvolles Blutbad an. Der Hilferuf an die Mittelmächte zeigte Erfolg. Am 1. März 1918 wurde Kiew durch deutsche Truppen befreit. Nach dem Zusammenbruch der Mittelmächte drangen erneut russische Truppen ein. Die Ukrainische Regierung warb jetzt im Ausland um Unterstützung im Kampf. Eine neue Heimat wurde versprochen. Und man warb um Schwestern und Sanitätskräften. Dieser Ruf drang bis nach Kärnten und in die Steiermark. Bald saßen Anni und Hansi im Zug. In Stanislau in der Ukraine bekommt Anni die Flecktyphusabteilung und Hansi die Interne zugewiesen. Vieles ist fremd, ein Sprachwirrwarr, doch die Schwestern fühlen, am richtigen Ort, gebraucht zu werden. Hansi erkrankt schwer. Sie wird isoliert. Es ist Flecktyphus. Sie übersteht die Infektion. Am 9. Tag erlangt sie wieder ihr Bewusstsein.

Die Front rückt näher. Granaten schlagen in unmittelbarer Nähe ein, Fenster bersten. Das Spital wird beschossen. Wer kann, rettet sich in den Keller. 3 Tage verharren die Kranken dort. Der Angriff ist zurückgeschlagen. Die Flecktyphusabteilung wird vergrößert, eine Abteilung für schwarze Pocken wird angegliedert. Hansi wird Anni zugeteilt. Die Situation wird chaotisch. Ein Hin und Her, ein kurzer Vormarsch, kleine Erfolge, ein langer Rückmarsch. Es gibt keine Sauberkeit mehr, keine Aseptik, keine Sterilisation, keine Ordnung. Die Wärter und Ärzte wechseln, man kennt sich nicht mehr, versteht sich nicht.

In dieser Zeit kämpft Anni um das Leben von Hartmut Friese, einem Wolgadeutschen, der seine ganze Familie verloren hat. Nur sein alter Vater lebt noch. Als sein Flecktyphus besser wird, versucht er, sich mit einem Revolver das Leben zu nehmen. Der Notoperation und dem enormen Einsatz Annis ist es zu verdanken, dass er diese Zeit übersteht und wieder ins Leben zurückfindet.

Im Herbst 1919 wird die Lage immer prekärer: Rückmarsch, nasses Wetter, schlammige Böden, junge unerfahrene Mediziner, betrunkene Sanitäter, schlechte Behandlungen. Der Ruf nach den deutschen Schwestern unter den Verwundeten ist groß. Der Winter ist entsetzlich, eiskalt und immer wieder mangelt es an an Heizmaterial. Anni erkrankt im Dezember schwer an Flecktyphus. Am Neujahrstag 1920, Anni ist über den Berg, liegt aber noch sehr geschwächt im Bett, greifen die Bolschewiki die Stadt an. Wer flüchten kann, tut es. Anni ist zu schwach zur Flucht und bleibt wie Hansi und Josel, der mit den beiden bereits in Soca gearbeitet hat . Unter der Bevölkerung wird gesäubert. Täglich sind Erschießungen zu hören. Anni und Hansi arbeiten unter den neuen Machtverhältnissen weiter. Im Bewusstsein, dass das eigene Leben am seidenen Faden hängt, entspringt aus tiefer Verzweiflung nur ein Gedanke: „Wie komm man hier raus, ohne bei der Flucht am nächsten Laternenpfahl aufgehängt zu werden?“

Gefangenschaft

Das Krankenlager in Petljura. Im Frühkahr 1920 erfolgt mit polnischer Hilfe ein Gegenschlag. Die Sowjets treten den Rückzug an. Die Retter, es sind Polen, ziehen ein. Doch dann die Ernüchterung: Anni, Hansi, ein Fähnrich und der Sanitätshelfer Josel werden als Kommunisten und feindliche Spione verhaftet. Sie haben mit den Sowjets gearbeitet. Ihre Papiere, die sie als Österreicher ausweisen, werden als Fälschungen abgetan. Sie werden in ein Gefangenenlager eskortiert. Der dortige Kommandant erkennt die fatale Situation. Er erklärt, dass sein Lager überfüllt sei und verweist sie an ein anderes Lager in Galizien. Die Hoffnung keimt, dass auf einem mehrere Tage dauernden Fußmarsch, sich eine Möglichkeit zur Flucht ergeben würde. Ankunft in Lemberg, Übernachtung und mit dem nächsten Gefangenentransport weiter Richtung Krakau. In Tarnow wird der Zug umrangiert. Es heißt wieder warten. Da entdecken die Schwestern den Leitner Willy, einen Feldwebel aus der Zeit in Soca. Er verwaltet mit seiner Frau das österreichische Heimkehrerlager. Gerade wird ein Transport in die Heimat zusammengestellt. Doch wie im enormen Bahnhofslärm ihn auf sich aufmerksam machen? Da stimmt der Josel mit den anderen das alte k.u.k. Sturmsignal an, das allen Lärm am Bahnsteig durchdringt. Der Feldwebel hat sie entdeckt und eilt zu ihnen. Er redet mit den Wachposten, doch die halten stur an ihren Befehl fest. Er verlässt kurz die Gruppe, holt sich von einem Tierarzt zwei Stempel und bittet einen Ulanen in prächtiger Uniform ihm zu helfen. Den beiden polnischen Bewachern stellt sich der Ulane als Kommandant eines Gefangenentransportes vor. Sein Auftreten, seine Uniform überzeugen. Der Feldwebel verfasst das Übergabedokument mit den Namen der Gefangenen, Stempeln des Tierarztes (ein Stempel erklärt das Fleisch als trichinenfrei) und der Unterschrift des Ulanen. Der Coup gelingt. Alle kommen heil in Wien an.

In der Heimat

Hansi verbringt einige Zeit zu Hause in der Steiermark, dann geht sie als Schwester wieder nach Wien. Josel will sich eine Arbeit als Nachtwächter in einer Fabrik suchen. Und Anni kehrt an ihren Wörthersee zurück. Hustend und fiebernd kommt sie in Krumpendorf an. Das Häuschen der Mutter liegt am Hang. Aus einem der beiden Fenster von Annis Kammer, die die Mutter für ihre Tochter eingerichtet hat, kann man über Baumkronen und Dächer hinweg auf den Wörthersee hinausblicken.

Karl Meinek, der gute Kamerad noch aus der Zeit im Hotel am Rhein, besucht Anni. Sie sprechen lange, tauschen Erinnerungen aus. Er baut sie auf, gibt ihr neuen Lebensmut.

Hansis Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Sie ist mit einem schlanken, feschen Mann in der Steiermark verheiratet. Als sie von Annis Lungenkrankheit erfährt, kommt nach Kärnten. Ein Gespräch will nicht so recht aufkommen. Hansi ist einsilbig, will nicht über den Krieg reden. Sie sagt ihrer Freundin, dass sie schwanger ist, jetzt nach vorne schaut und an der Vergangenheit nicht mehr interessiert ist. Es ist das letzte Mal, dass sich die beiden sehen.

Als Conrad von Hötzendorf am 25. August 1925 stirbt, tauchen bei Anni noch mal die Bilder ihrer Kindheit auf. Der Hügel von Annabichl ist leer. Fieber und Husten nehmen zu. Sie bittet ihre alte Mutter nur mehr flüsternd zwei Kerzen in der St. Georgskirche für sie anzuzünden. Der Weg dorthin ist zwar weit, aber die Mutter macht es. Am 25. Oktober stirbt die Armeeschwester Anni Pinter.

Anmerkung: In einigen offensichtlichen Fakten unterscheiden sich Roman und Wirklichkeit. Die Autorin hat die Namen von Annys Kameradin und Annys Verlobten umbenannt. So hieß Hansi Michaelis Johanna Brandner und Annys Verlobter war Hauptmann Matzke und nicht Robert Schlahm. Anny hatte keine Schwester, sondern einen Bruder. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass sie die Auszeichnung des Roten Kreuzes 1915 erhalten hat, im Roman ihr diese aber versagt blieb.


Quellen:

  • 250 Jahre Familiengeschichte(n), Kurrent Peyrer, 2019
  • Fotos: zur Verfügung gestellt von Markus Kurrent
  • Suse von Hoerner-Heintze, Die große Kameradin – Lebensroman der Frontschwester Anni Pinter, Hellmut Reichel Verlag / Berlin, 8. bis 10. Auflage, 1940
  • Der Tag, 14.5.1924
  • Neues Wiener Journal, 14.5.1924
  • Freie Stimmen, 26.10.1925

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