Eigentlich hätte dies ein Artikel über die Kutternig-Villen werden sollen, die noch immer repräsentativ an der Hauptstraße stehen. Geworden ist es ein Artikel über die Familie, die in drei Generationen den Ort mitgestaltet und geprägt hat.
Beim Namen Kutternig dürfte es sich um einen deutsch-slowenischen Mischnamen handeln. Er ist eine Zusammensetzung aus Kuttner (zu deutsch Kutte „Mönchsgewand“), mittelhochdeutsch kuttener „Kuttenträger, Mönch“ und das slowenische Wortbildungselement –nik. Der Name muss sich nicht direkt auf einen Mönch beziehen, sondern kann auch ein Berufsübername für einen Kuttenhersteller sein.
Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz-Dieter Pohl
Karl Kutternig sen. (1865-1937)
Als Karl Kutternig 1890 sein Bäckergewerbe in Klagenfurt anmeldete, erkannte er recht bald, dass mit der wachsenden Zahl an Sommergästen in Krumpendorf auch der Bedarf an Back- und sonstigen Waren vorhanden war. Es gab noch keine Bäckerei und so eröffnete er in der Krämerei Probst gegenüber dem Gasthaus Koch eine Filiale. Später war dort für viele Jahre das Gemischtwarengeschäft Mattitsch untergebracht.
In den Ausgaben der Cur- und Fremden-Liste vom Wörthersee von 1894 inserierte Karl Kutternig mit folgendem Text für sein Bäckerei- Victualien-, Colonial-, Gemischtwaren und Commissions-Geschäft in der Fröhlichgasse 13 in Klagenfurt:
Filiale in Krumpendorf: Villa Probst vis-à-vis Wippernig (Anm. gemeint ist Wipponig, Gasthof Koch) empfiehlt dem hochgeehrten Publicum seine feinsten Wiener Dessert- und Chocolade-Bäckereien, sowie auch echte Tisch- und Tafelweine und frisches Flaschenbier; vorzügl. Schleppe-Märzenbier (in Kisten zu 25 Flaschen zum billigsten Tagespreise). Von meinem von mir selbst geleiteten Commissions-Geschäft, für welches ich alle Commissionen und Bestellungen übernehme und für gewissenhafte Besorgung garantiere, fährt der Wagen vom 15. Juni an täglich um 7 Uhr Früh und um 11 Uhr Vormittags, im Bedarfsfalle auch Nachmittags um 4 Uhr von meiner Bäckerei in Klagenfurt ab.
Täglich lieferte Karl Kutternig seine Waren während der Sommersaison, bis er mit seiner Bäckerei ganz nach Krumpendorf zog.
1894 erwarb er zusammen mit seiner Frau Helene das Grundstück Hauptstraße 121, erbaute darauf eine Villa mit Geschäftslokal, deren Namen „Villa Frieda“ er 1896 ins Grundbuch eintragen ließ. In der Villa errichtete er die „Erste Krumpendorfer Gemischtwaren- und Delicatessen-Handlung“, die bis 1987 von der Familie weitergeführt wurde.
Zur damaligen Zeit war es durchaus üblich von repräsentativen Gebäuden Fotografien oder auch Ansichtskarten anfertigen zu lassen. Dies tat auch Karl Kutternig. Er ließ im Eigenverlag Ansichtskarten seiner Villen an der Hauptstraße produzieren und verkaufte diese in seinem Geschäft.
Aus der Ehe mit Helene Pammer entstammten zwei Kinder: Frieda und Karl (1895-1970).
1898 erwarb er das Grundstück Hauptstraße 131. Ein Jahr später ließ er im Grundbuch für die Villa den Namen „Villa Karlsruhe“ eintragen. Er errichtete dort eine Bäckerei. 1900 starb seine Frau. Karl heiratete wieder. Aus der Ehe mit Elisabeth Reuschel gingen zwei weitere Kinder hervor: Fritz (1907-1968) und Tilde. Nach dem Tod von Elisabeth 1920 heiratete er noch ein drittes Mal.
1913 ereilte ihn ein Konkurs. Die Gemischtwarenfirma Karl Kutternig hatte die Zahlungen eingestellt. Die Schulden für Waren beliefen sich ungefähr auf 48.000 Kronen, für Zins und Steuer 2.000 Kronen. Die Hypothekarverpflichtungen betrugen 82.000 Kronen. Es wurde eine Rückzahlquote von 30% angeboten. Heute entspräche als grobe Annäherung 1 Krone einem Wert von 5 €. Das Ereignis war so einschneidend, dass er sein Amt als Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr Krumpendorf niederlegte und aus der Feuerwehr austrat. Auch beim MGV Seerösl stellte er als langjähriger Obmann seine Funktion zur Verfügung. Welche weiteren Konsequenzen aus dem Konkurs folgten ist nicht bekannt.
1919 erwarben Konrad und Adele Schulin die Villa Frieda, die jedoch gleich an das Ehepaar Fröhlich weiter verkauft wurde.
Dass er diese schwierige Zeit meisterte und auch gesellschaftlich wieder Fuß fasste, zeigen die Ehrungen, die ihm in späteren Jahren zuteil wurden.
Karl K. war Mitglied des Gemeinderats, hatte von 1902 – 1913 die Stelle als Hauptmann der Feuerwehr inne, war Gründungsmitglied und Vereinsobmann des MGV Seerösl und wurde am 1. März 1935 zum Ehrenbürger der Gemeinde Krumpendorf ernannt.
Karl Kutternig jun. (1895-1970)
Karl Kutternig jun. erwarb 1933 von den Fröhlich Erben die Villa Frieda und führt die Immobilie wieder in den Familienbesitz zurück. Nach Kriegsende wurde die Villa von den Engländern beschlagnahmt und als Wohnquartier genutzt. Erst 1955 nach Abzug der britischen Truppen ging die Villa an den Besitzer zurück und Karl Kutternig eröffnete dort wieder sein Feinkostgeschäft, das während der Besatzungszeit in der Villa Karlsruhe untergebracht war.
Bereits in den 1920/30er Jahren war Karl Kutternig im Gemeinderat, engagierte sich in der Fremdenverkehrskommission und erbaute mit Spendengeldern die Stützmauer bei den Bahnübersetzung an der Berthastraße. Ein weiteres Thema, das die Gemeinde viele Jahre beschäftigte, war, dass der Lannerweg (damals Messinerweg), der zum Straußhof (Römerweg 74) gehörte, während der Obstzeit von Juni bis Oktober zwischen der Pension Michner (Lannerweg 25) und dem Lorbeersteig gesperrt wurde. Auch die Sommergäste der Pension Michner mussten daher, um in den Wald zu gelangen, den Umweg über die Kaiserallee und dem Lorbeersteig nehmen. Erst 1932/33 konnte Karl Kutternig sich mit den neuen Besitzern, den Kurzel Damen, einigen. Die Sperre wurde aufgehoben und der Lannerweg konnte verbreitert werden. Dafür erhielt er vom damaligen Bürgermeister Hubert Filla ein ausführliches Dankesschreiben.
Während der NS-Zeit gehörte Karl Kutternig ebenfalls dem Gemeinderat an und fungierte für die Feuerwehr als Fahrer. Nach dem Krieg bekam er seinen Lieferwagen zugelassen und von den Engländern Benzin, was bei der Beschaffung von Lebensmittel von großem Nutzen war.
Als Kandidat der VdU (Verband der Unabhängigen) wurde er 1950 zum Bürgermeister gewählt. Unter seiner Amtsleitung erwarb die Gemeinde das Seegrundstück, auf dem 1956 das Gemeindebad errichtet und der Öffentlichkeit übergeben wurde. Er ebnete den Weg für den späteren Bau des Krumpendorfer Rathauses, indem er das Grundstück der Gemeinde dafür übereignete. Auch der Umbau der Volksschule und die Eröffnung der Lehrwerkstätte im ehemaligen Schloss Krumpendorf durch Bundespräsident Dr. Theodor Körner fielen in seine Amtszeit.
Er war in erster Ehe mit Hansi Schiller verheiratet, die bei der Geburt von Sohn Karl 1930 starb. Der zweiten Ehe mit Hilde Paar entstammten zwei Kinder, Britta und Monika.
Im März 1970 zu seinem 75. Geburtstag verlieh der Gemeinderat dem Jubilar den Ehrenring der Gemeinde Krumpendorf für sein über drei Jahrzehnte langes Wirken für die Gemeinschaft und für 13 Jahre verantwortungsvolle Arbeit als Bürgermeister.
Fritz Kutternig (1907-1968)
Fritz Kutternig, der auch das Handwerk des Bäckers erlernt hatte, führte die Bäckerei in der Villa Karlsruhe nach dem Tod seines Vaters 1937 fort. Er hatte mit seiner Frau Maria (1914-1997) vier Kinder: Waltraud, Friedrich, Lisette und Albert. Im 2. Weltkrieg wurde er zum Militär eingezogen. Nach Kriegsende schlug er sich nach Hause durch. Er schaffte es bei Linz die Donau schwimmend zu durchqueren. Eine Rippenfellentzündung war die Folge. Gesundheitlich schwer gezeichnet übernahm er nach seiner Heimkehr wieder die Leitung der Bäckerei, die seine Frau während der Kriegsjahre geführt hatte. Die Bäckerei wurde ausgebaut, was der enorme Aufschwung durch den Fremdenverkehr notwendig machte. Fritz Kutternig starb mit 60 Jahren.
Dass man neben der Bäckerei auch einen Holz- und Kohlehandel betrieb war zwar ungewöhnlich, hatte aber einen sehr sozialen Aspekt. Um die Mitarbeiter der Backstube im Winter weiter beschäftigen zu können, entschied man sich, diese für den Kohlehandel einzusetzen. Die Kohlen wurden mit der Bahn angeliefert. Dann hieß es, schnell mit dem Pferdewagen zum Bahngelände zu fahren und aufzuladen. Später wurde diese Aufgabe mit einem Transporttraktor erledigt. Auch die Zustellung des Brennmaterials an die Haushalte gehörte zum Geschäft. In den 1960er Jahren löste Öl immer mehr die Kohle als Heizmaterial ab. Der Geschäftszweig wurde geschlossen.
Friedrich Kutternig (1942-1978)
Sein Sohn Friedrich, auch Bäckermeister, übernahm den Betrieb. Er war begeisterter Sänger, nahm Gesangsunterricht bei Prof. Franz Babitsch, und war von 1963 bis 1974 Mitglied des MGV Seerösl. Er sang auch beim MGV Klagenfurt. Aufgrund seiner schweren Zuckererkrankung konnte er dann an den Proben nicht mehr teilnehmen und musste das Singen sowie seine Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr Krumpendorf aufgeben.
Um auch Mehlspeisen anbieten zu können, absolvierte er noch eine zweijährige Lehrzeit in Villach und legte schon fast erblindet (seine Sehfähigkeit betrug 1/10) im Mai 1977 die Prüfung zum Konditormeister in Wien ab.
Er überlebte seinen Vater nur um 10 Jahre. Bis 2008 betrieb seine Frau Monika noch die Bäckerei.
Quellen:
75 Jahre MGV Seerösl, Festschrift, 1973
Archiv der FF Krumpendorf
Grazer Volksblatt, 11.9.1913, Seite 3
Gespräche mit Monika Kutternig 2015/16
Mein Leben im öffentlichen Dienst, Karl Kutternig jun., 1960er Jahre
Grundbuch