Im 19. Jhdt. und Anfang des 20. Jhdt. begann in Krumpendorf eine rege Bautätigkeit durch eine vermögende Bevölkerungsschicht, die sich die Errichtung von Villen für ihre Sommerfrische leisten konnten. Diese Personen kamen aus vielen Teilen der damaligen Monarchie und konnten die Grundstücke für ihre Bauten vor allem dadurch erlangen, dass viele kleine Bauernhuben nicht ertragreich genug waren, um die dort hausenden Familien zu ernähren. So war manch „Keuschler“ gezwungen, Grundstücke oder die ganze Hube zu verkaufen. Dies traf aber auch einige Gastronomen und Gewerbetreibende.
Die Gemeinde erkannte das Problem der zunehmenden Verarmung besonders älterer Personen, die nicht mehr im Arbeitskreislauf integriert waren. Man suchte dieser Thematik Herr zu werden, indem der Gedanke zur Errichtung eines Armenhauses aufkam. Geld war zwar in der Gemeinde kaum vorhanden, aber man zeigte den guten Willen und nahm das Projekt in Angriff.
Da im Jahr 1908 auch das 60jährige Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josefs zu feiern war, sah die Gemeinde einen gegebenen Anlass, dieses Jubiläum mit der Errichtung eines Armenhauses zu feiern.
Zu dieser Zeit beabsichtigte Bartholomäus Ressmann, Besitzer des Karnier-Anwesens in Brenndorf, dieses zu veräußern. Er hatte die Hube schon seit längerer Zeit verpachtet, denn er war Schmied von Beruf und hatte in der Moosburger Straße in Krumpendorf eine Schmiede eingerichtet. Dieser Profession widmete er sich mit aller Energie, und da war die Wirtschaft in Brenndorf nur ein Klotz am Bein.
Nun hatte man eine Realität gefunden, die Gemeinde zeigte den guten Willen zum Ankauf – doch woher das Geld nehmen? Die Kaufsumme in Höhe von 10.600 Kronen war zwar realistisch, aber für die Gemeinde nicht zu stemmen.
In dieser Notlage sprang dann wie so oft Baron Robert von Walterskirchen ein und stellte der Gemeinde einen Betrag von 10.000 Kronen zur Verfügung, natürlich mit der Auflage, diesen Betrag zum Ankauf des Kanier-Anwesens zu verwenden.
Bartholomäus Ressmann verkaufte das Anwesen am 10.3.1908 an die Gemeinde Krumpendorf. Die Waldparzellen behielt er für sich, dem Pächter der Hube Johann Gössinger wurde per 1.11.1908 gekündigt. Danach konnte das Karnier-Wohnhaus zum gemeindlichen Armenhaus adaptiert werden.
Das Wirtschaftsgebäude nutzte die Gemeinde für die Unterbringung diverser Gerätschaften, auch die Bewohner des Armenhauses konnten den Stadel nutzen.
Die Wohneinheiten im Armenhaus stellte die Gemeinde den Mietern zu günstigsten Preisen zur Verfügung. Als Mitte der 1930iger Jahre das Wohnhaus nachträglich unterkellert wurde, konnten die Bewohner Kellereinheiten um 50 Groschen im Monat anmieten.
Das Wirtschaftsgebäude der ehemaligen Karnierhube stand Ende der 1970er Jahre dem Neubau eines Wohnhauses im Wege, der Abriss des Stadels stellte kein Problem dar und erfolgte in wenigen Stunden. Unter der Adresse Brenndorfer Straße 2 entstanden die ersten Wohnungen in dem Bereich, später folgten weitere Siedlungshäuser.
Das vormalige „Armenhaus“ bewohnten bis Ende der 1990er Jahre noch immer Personen, die finanziell nicht auf Rosen gebettet waren. Als die letzten Bewohner auszogen, war das alte Haus auch nicht mehr weiter vermietbar. Eine Renovierung wäre zu kostspielig geworden, außerdem war wohl auch die Nachfrage nach einem „Armenhaus“ nicht mehr gegeben. So entschloss sich die Gemeinde, das ehemalige Karnier-Wohnhaus, später „Armenhaus“ genannt, abzureißen.
So verschwand nicht nur der letzte Teil der uralten Karnierhube, auch das später als Armenhaus genutzte Gebäude verschwand.
Autor: Heinz Kernjak
Quellen:
Geschichte des Karnierhofes in Brenndorf, Dr. Karl Dinklage
Luftbild aus KAGIS
Aquarell von Ludwig Tölderer, 1970