Schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es umtriebige Immobilienunternehmer, die in Krumpendorf Grundstücke aus größeren Besitzungen herauslösten und darauf Villen bauten. Ein solcher Bauherr und Makler war der Klagenfurter Johann Messiner, der viele Villen in Krumpendorf errichtete, von denen einige noch immer bestehen.
Johann Messiner kaufte u.a. an der Hauptstraße die Parzellen 219 und 220 und errichtete dort ein Wohnhaus, das er 1880 an Frau Maria Edle von Glauchau verkaufte. Diese Dame heiratete kurz danach den k.u.k. Oberst Raimund Edler von Suez, wodurch das Haus den Namen „Villa Suez“ erhielt. Dieser Offizier war ein eifriger Wanderer. Er erkundete einen schönen Aussichtsplatz oberhalb des Ortes, der dann den Namen Suezecke erhielt.
Nach dem Tod des Gatten 1896 verkaufte seine Frau die Villa an Johann Schurian, der sie aber schon 1912 an die Artistenfamilie Jäger veräußerte, die in Krumpendorf sesshaft geworden war. Im Erdgeschoß der ehemaligen Villa (damals Adresse Krumpendorf 19, später Hauptstraße 168) richteten die Jäger ein Lebensmittelgeschäft ein, in den oberen Geschossen erfolgte später die Vermietung an „Sommerfrischler“.
Der 1912 geborene Sohn Gustav brachte Ideen ein, wie man die Geschäfte in Krumpendorf ausweiten konnte. Das weitum bekannte Lebensmittelgeschäft war ihm zu wenig, außerdem erkannte er, dass der Fremdenverkehr in der Wörthersee-Region stark zunehmen würde.
Das Lebensmittelgeschäft florierte bald nach dem Krieg und so waren auch die Mittel vorhanden, das Haus um ein Stockwerk und ein Dachgeschoß zu erweitern. In den Sommermonaten konnte man durch Vermietung weitere Einnahmen erzielen.
Der umtriebige Gustav Jäger errichtete direkt westlich an das Stammhaus angeschlossen ein weiteres Gebäude. Da der „Jäger Guste“ nicht nur zukunftsorientiert war, sondern auch von Profession u.a. Artist und Musiker, sah er den Trend der Jugend zum Tanzen und zur Unterhaltung. So verwarf er die ursprüngliche Idee, im ersten Stock des Zubaus 1964 eine Konditorei zu errichten und ging mit dem Gebäude einen anderen Weg: Das Erdgeschoß wurde für diverse kleine Lokale eingerichtet, im ersten Stock sah Jäger eine Diskothek als ertragreiche Institution.
Im Erdgeschoß fanden dann in den 1960ern und 1970ern verschiedene Lokale ihre Unterkunft: ein Souvenirladen (Hr. Truschner), ein Bierbrunnen (Hr. Seebacher), bereits eine kleine Pizzeria (angeblich die erste am Wörthersee), die Trafik Eichholzer fand im Zuge des Umbaues ihres Verkaufslokals einige Zeit eine Ausweiche, ein Eissalon war bei den Kunden gefragt, vor allem für die Jugend interessant war eine Spielhalle mit Flipperkästen, Balankatischen usw. August Jäger begann für die musikalische Unterhaltung zu sorgen, allerdings war in den kleinen Geschäftslokalen kein Platz und so kam er auf die Idee, im ersten Stock über die gesamte Fläche eine Diskothek einzurichten. Diese „Disco“ benannte er „Cembalo“, als Inhaberin fungierte seine Frau Konstantine. Bald verlor Jäger aber offenbar das Interesse, die Diskothek in Eigenregie zu führen und er verpachtete das Lokal 1974 an das Team Heinz Wlzek/Edmund Schumnik. Die beiden führten bereits in Klagenfurt erfolgreich Nachtlokale, gaben der Diskothek den Namen „Nautic“ – und eine Erfolgsstory begann.
Diese Zeit war gekennzeichnet durch beginnenden Massentourismus in Krumpendorf, junge Menschen – vor allem aus Deutschland – fanden den Weg zum Wörthersee, waren unterhaltungsfreudig und strömten in die Diskotheken. Aber auch die einheimische Jugend kam gern ins „Nautic“ – wenn das Alter stimmte, denn damals wurde noch von der Gendarmerie streng kontrolliert. Manch Krumpendorfer fand einen Sommerjob im Lokal, als Garderobier, Kellner usw.
Bald kam es zu Streitigkeiten zwischen Hausbesitzer und Pächter, wobei die Pächter resignierten. Das „Nautic“ fand aber rasch seine Fortsetzung in der Familie Gappmaier, die dann 1978 das ganz Haus kaufte.
Damit erfolgte ein durchgreifender Umbau, die kleinen Lokale im Erdgeschoß wurden beseitigt und zu einem großen Lokal – der Pizzeria „Nautik“ – zusammengelegt. Seit 1981 ist diese Pizzeria in Krumpendorf nicht mehr wegzudenken, sie stand von Beginn an unter kompetenter Führung von Gilda Erian, geb. Gappmaier, die 1986 einen Pizzaholzofen einbauen ließ, da auf einmal die benachbarten Lokale Kerzenstube und Traminerhof ebenfalls Pizzen verkauften.
Die Familie Gappmaier teilte sich die Arbeit gut auf: Der Senior hatte die Diskothek im Griff, Gilda arbeitete mit ihrem Team in der Pizzeria.
Neben ihrer Arbeit im Betrieb war Gilda ebenfalls eine sehr erfolgreiche Springreiterin und konnte viele tolle Platzierungen erreichen.
Bereits 1983 verstarb dann leider Franz Gappmaier und Gilda musste nun den Betrieb alleine führen.
Im selben Jahr heiratete Gilda und hieß von da an Erian, der gemeinsame Sohn Martin kam 1990 zur Welt.
Gerne erinnern sich viele Krumpendorfer noch an die „wilden“ Zeiten, die sie im „Nautic“ zubrachten. Aber auch viele prominente Gäste aus Nah und Fern fanden immer wieder den Weg nach Krumpendorf, um entweder in der Pizzeria zu essen oder sich im „Nautic“ zu amüsieren.
Vor allem die Diskothek erlangte rasch einen legendären Ruf am Wörthersee, und wer was darstellen wollte, der musste im Sommer nicht nur einmal in der Woche im „Nautic“ erscheinen – das wusste u.a. auch der Wörthersee-Playboy Fritz Kaschitz.
Die Führung beider Lokale war für Gilda Erian aber bald zu viel und so verpachtete sie die Diskothek „Nautic“ 1988 an Herrn Gallob (Rendezvous Klagenfurt), die Pizzeria führte sie selbst. Da der Tourismus in der Zeit noch immer boomte, war die Frequenz in beiden Lokalen sehr gut, bis in den 1990er Jahren der Fremdenverkehr am Wörthersee stark einbrach.
In den Folgejahren sah die Diskothek dann rasch wechselnde Pächter, das Lokal wurde in „Bianco Nero“ umgetauft, später wurde ein CD-Pub daraus, Billard-Tische wurden aufgestellt – kurzum, die Diskothek „Nautic“ gehörte Ende der 1990iger Jahre der Vergangenheit an.
Die Pizzeria betrieb Gilda Erian unter dem Namen „Nautik“ mit großem Eifer weiter. Ausgezeichnete Qualität von Speisen und Getränken hatten sich ja schon lange Zeit herumgesprochen und viele zufriedene Gäste halten Gilda bis heute (2024) die Treue.
Ende der 1980iger Jahre konnte über der Diskothek ein Penthouse für die eigenen Wohnzwecke errichtet werden. Im Jahr 1990 konnte das Penthouse bezogen werden. Diese Baumaßnahme gab dem Gebäude das heutige Aussehen.
Die unterschiedliche Schreibweise von „Nautik“ und „Nautic“ entstammte übrigens nicht aus gezielten Überlegungen, es hatte lediglich die Firma, die eine Reklametafel erstellen sollte, vor einigen Jahren einen Fehler gemacht, den man dann einfach beließ.
Die Tätigkeit von Gilda Erian für 40 Jahre erfolgreiche Unternehmensführung ehrte 2018 die Wirtschaftskammer mit einer Urkunde.
Auch mancher Mitarbeiter fühlte sich in der „Pizzeria Nautik“ sehr wohl. So wurde Melitta Hobisch-Hansmann nach 13 Jahren Tätigkeit in der Pizzeria von vielen Freunden und von der damaligen Bürgermeisterin Hilde Gaggl in den Ruhestand verabschiedet.
Wir hoffen, dass die „Pizzeria Nautik“ noch lange die hervorragende Küche anbietet und wünschen Gilda Erian alles Gute.
Quellen:
Text und Fotos: Heinz Kernjak in Abstimmung mit Gilda Erian, 2024
Kärntner Tageszeitung vom 31. Mai 1974, 1981