Die Ministöckler

Ende der 1970iger Jahre saßen an einem Winterabend einige junge Männer in ihrem Stammlokal und waren sich nicht schlüssig, was sie in der nächsten Zeit so machen sollten. Gedanken und Pläne wurden erstellt und wieder verworfen, bis man endlich zum Thema Eisstockschießen kam. Da damals die Winter noch recht kalt waren, keiner einen Eisstock hatte, erlernt hatte man diese Sportart auch noch nicht – so konnte man sich für das Eisstockschießen im Freien auch nicht erwärmen. Aber je später der Abend, desto komischer wurden die Ideen, bis man auf etwas Seltsames kam: Man könnte ja kleine Eisstöcke bauen und mit diesen im warmen Stammlokal „Kerzenstube“ am Boden etwas ähnliches wie „Stockschießen“ praktizieren. Vermutlich bedingt durch die fortgeschrittene Stunde begeisterte man sich an diesem Gedanken immer mehr und bald ging man an die Umsetzung.

Die Männer der ersten Stunden waren Werdenig Harald und Manfred, Thaler Kurt, Bürger Franz, Pfeifer Josef, Kernjak Ernst und Heinz, Nemec Peter. Von der ÖGB-Lehrwerkstätte konnte man kostengünstig Metallringe bekommen, und die Tischler in der Runde bastelten daraus kleine Mini-Eisstöcke, die jeder nach seinen Vorstellungen noch bemalte.

Ministöcke im Vergleich zu einer 1-Euro-Münze
Ministöcke im Vergleich zu einer 1-Euro-Münze

Ganz wichtig war natürlich auch, dass sich die Gruppe einen Namen gab, ein Logo kreierte, einheitlich Shirts machen ließ usw. usw.

Bald stellte sich aber heraus, dass man am Boden eines Lokals nicht so einfach dieses Spiel betreiben konnte: Der Belag war zu uneben, andere Gäste waren im Weg. Auch dies war kein Problem, wieder schritten die Tischler zur Tat und bastelten eine 4 Meter lange Holzbahn, die man sogar aus Platzgründen in der Mitte auseinandernehmen konnte. Diese „Bahn“ baute man dann in den Sommermonaten u.a. auch im „Traminerhof“ auf, die Gäste staunten, lachten – und dachten sich vermutlich ihren Teil.

Beim Ministöckeln im Traminerhof
Beim Ministöckeln im Traminerhof

Den Burschen war aber auch das noch zu wenig, sie unternahmen weitere Aktivitäten, unter anderem einen Zeltausflug zum Wallersee, auf den Untersberg, konnten mehrfach Preise beim Faschingsball des MGV Seerösl erreichen, usw.

Ausflug zum Wallersee 1983
Ausflug zum Wallersee 1983
Faschingsball im Kursaal Krumpendorf 1985
Faschingsball im Kursaal Krumpendorf 1985

Bei den meisten örtlichen Veranstaltungen waren die „Ministöckler“ dabei, sei es beim Maibaumfest mit anschließendem Maibaumgericht oder beim Erntedankfest. Damit man die Mitglieder auch erkennen konnte, wurde ein eigenes Logo kreiert.

Wappen der Ministöckler Krumpendorf
Wappen der Ministöckler Krumpendorf
Maibaumgericht 1990 im Bad Stich
Maibaumgericht 1990 im Bad Stich

Irgendwann reichte aber auch das nicht: Man kam auf die Idee, die alteingesessenen Krumpendorfer Eisstockschützen herauszufordern. Aber wie fängt man das an? Natürlich bedarf es vieler Trainingsstunden – aber wo? Initiativ wie die Gruppe war, errichtete man im Ferlitz-Graben mit Genehmigung des Eigentümers Franz Bürger eine eigene Eisbahn. Baumeister Bernhard Obernosterer half beim Ausmessen und Nivellieren, der ehemalige Eisschützenverein spendete die Überdachung – und mit viel Energie und unzähligen Arbeitsstunden war das Werk bald vollbracht.

Viele Stunden dauerte dann im Frühwinter das Gießen, man entnahm dafür das Wasser aus dem Pirkerbach, damit rasch ein brauchbares Eis zustande kam. Meist versaute dann zum Jahreswechsel das Weihnachtstauwetter die Stimmung, aber bald konnte man auf der „eigenen“ Eisbahn zum Wettschießen antreten.

Die meisten der Burschen waren dabei auch recht talentiert – vielleicht hatte das „Ministöckeln“ erst das richtige „Gfühl“ gebracht, um den nun doch schwereren Eisstock zur Taube zu bringen oder den gegnerischen Eisstock zu treffen.

Erfolgreich beim Dorfturnier 1993, Eisbahn Bürger
Auf der eigenen Eisbahn beim Bürger

Natürlich beteiligten sich die „Ministöckler“ auch beim Dorfturnier, und es verging keine Woche, ohne dass man sich mit einer gegnerischen Truppe zum „Würstel-Schiessen“ traf: Die Gendarmerie, die Gemeinde, die ARGE Pirk und andere kamen immer wieder gerne zur Eisbahn der „Ministöckler“ „hinterm Ferlitz“!

Ministöckler Dorftunier 1993
Ministöckler Dorftunier 1993

Einige Jahre nahmen unterschiedlich zusammengestellte Teams auch bei auswärtigen Eisstockturnieren teil, und stolz konnte man immer wieder feststellen: „Wir waren nie bei den Schlechtesten“!

Wie es dann in Krumpendorf immer wieder der Fall war: Beruf, Familie – aber vor allem die Witterungsveränderungen brachten es mit sich, dass die Gruppe der „Ministöckler“ Ende der 1990iger Jahre ihre Aktivität beendete. So wie auf den Teichen und anderen Eisbahnen war es nicht mehr möglich, für längere Zeit eine brauchbare Bahn zustande zu bringen – die Winter waren zu warm und zu unbeständig.

Eines verblieb den „Ministöcklern“ aber: Sie hatten eine schöne Zeit und die meisten sind auch heute noch befreundet.


Quellen:

Text und Fotos: Heinz Kernjak

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