(*24.10.1790 +13.10.1861)
Lanner galt als Repräsentant der landwirtschaftlichen Modernisierung Kärntens. Selbst Kaiser Franz I kam 1830 nach Krumpendorf, um sich seine Unternehmungen erklären zu lassen. Wer war diese herausragende Persönlichkeit? Ein Weg ist nach ihm benannt, doch gibt es sonst kaum noch Zeugnis seines Wirkens. Die nachfolgende Biografie ist bis auf die Überschriften und dem Tagebuchzitat Lanners der Schulchronik Krumpendorf entnommen.
Thaddäus von Lanner wurde am 17. December des Jahres 1790 zu Eberndorf geboren, wo sein Vater Melchior an der damals bestehenden Staatsherrschaft als Kontrollor bedienstet war. Intelligenz und gemeinnützige Wirksamkeit scheint sich in seiner Familie wie ein Familien-Erbgut von Vater auf Sohn fortgeerbt zu haben, denn wie schon Melchiors Großvater Andreas von Kaiser Karl VI., wie es in dem am 23. März 1733 ausgestellten Adelsbriefe heißt, wegen seines und seines Vaters gemeinnützigen Wirkens in den österreichischen Adelsstand erhoben wurde, so machte sich auch Melchior durch ähnliche Bestrebungen bemerkbar; wir finden seinen Namen in den Akten der kaerntnerischen Landwirthschaft verzeichnet, indem ihm diese wegen Oel-Erzeugung aus inländischen Pflanzen den ersten ausgeschriebenen Preis von fl 200,- und die Gesellschafts-Medaille zuerkannte; auch erhielt er eine Concession auf eine nach einem von ihm erfundenen Mechanismus construirte Getreide-Mühle.
Kindheit und Jugend
Lanner erlebte seine erste Knabenzeit theils in seinem Geburtsorte, theils in Kleinkirchheim, wohin sein Vater als Hofrichter, theils zu Pörtschach, wohin dieser als Kameral-Verwalter befördert worden war. Schon im Jahre 1797 aber kam er nach Krumpendorf, dem Schauplatze seiner ganzen folgenden Lebensthätigkeit, indem sein Vater diese Herrschaft vom Freiherrn von Schluga erkaufte und mit seiner Familie dort seinen Wohnsitz nahm.
Hier hatte die Familie in den darauf folgenden Kriegsjahren vielfache Plackereien, Schrecken und nicht unbeträchtlichen Schaden bei den immerwährenden Durchzügen der feindlichen Heeresabtheilungen zu erleiden. Nach einem solchen räuberischen Überfalle marodirender Franzosen im Jahre 1809 starb Lanners Mutter Helena (eine geborene Valland aus Wolfsberg), vor deren Augen ein Knecht erschossen wurde, an den Folgen des erlittenen Schreckens.
Den ersten Unterricht erhielt Lanner an der Normalschule und später am Gymnasium zu Klagenfurt, ging jedoch bald von diesem zur Handlung über, für welche ihn sein Vater bestimmt hatte.
Rettung des väterlichen Guts
Indeß verließ er den Handelsstand schon im Jahre 1812 wieder und kehrte nach Krumpendorf zurück, um die dortige Wirthschafts-Leitung zu übernehmen. Sein Vater war nämlich durch allerlei Unglücksfälle, die ihn in den Kriegsjahren getroffen, vorzüglich aber durch einen Rechtsstreit, den er gegen die Stände Kärntens führen mußte und schließlich verlor, in einen starken Passionsstand gerathen, sodaß Krumpendorf in Gefahr war, im Executionswege verkauft zu werden. Der junge Lanner, obwol erst 22 Jahre alt, übernahm dennoch das Gut mit seiner Schuldenlast und so sehr hatte sich bereits die Verständigkeit und Verläßlichkeit seines Charakters ausgebildet, daß die Stände ihm bei der Übernahme zutrauensvoll die Abzahlung der infolge des verlorenen Processes schuldigen Summe in Raten bewilligten und mehrere Freunde ihn großmüthig unterstützten.
Im Jahre 1815 wurde mit Eintritt seiner Großjährigkeit Krumpendorf auf seinen Namen umschrieben. Noch im nämlichen Jahre vermählte er sich mit Ursula Ulbing, aus welcher Ehe ihm 6 Töchter und 1 Sohn hervorgingen.
In den folgenden Jahren sehen wir Lanner, unterstützt von dem sorglichen Walten der emsigen Hausfrau, seltene Intelligenz, restlosen Fleiß und eine umsichtige, alle Umstände klug benützende Tätigkeit entwickeln, daß es ihm in kurzer Zeit gelang, nicht nur den ihn von allen Seiten umringenden Verlegenheiten sich zu entwinden und in kurzer Zeit den Grund zu seinem späteren Wohlstand zu legen, sondern auch sich die Achtung und Zuneigung seiner Mitbürger in solchem Maße zu erwerben, wie sie nur den Besten eines Landes zu Theil wird. Schon nach 2 Jahren war er im Stande, die in der Noth der Übernahme verpachteten Gründe wieder zurückzunehmen und das zur Bezahlung der dringendsten Forderungen veräußerte Inventar wieder anzuschaffen. Im Jahre 1819 errichtete er die Bierbrauerei, erwirkte die damals untersagte Biereinfuhr nach Klagenfurt und erweiterte bedeutend den ganzen Wirthschaftsbetrieb zu Krumpendorf.
Aufschwung und Entwicklung
Während aber so unter seinen kundigen, rastlos fleißigen Händen sein ausgedehnter Wirthschaftsbetrieb sichtlich gedieh, vermochte er auch anderen Unternehmungen seine Aufmerksamkeit und Thätigkeit zuzuwenden, und ist es kein Zweifel, daß er auch diesen einen großen Theil seines späteren Wohlstandes zu verdanken hatte.
Er pachtete nämlich die Einhebung der Verzehrungssteuer, Daz (dazco), wie diese damals genannt wurde, und zwar im Jahre 1820 von den nahe liegenden Bezirken, dehnte diese Pachtung jedoch schon im folgenden Jahre auch auf mehrere Bezirke in Oberkärnten und hinsichtlich des Bieraufschlages auf den Judenburger Kreis und bald darauf in Verbindung mit Herrn Mandl in Moosburg über ganz Steiermark aus, zu welchem Zwecke er dieses Land mehrmals bereiste; diese Steuerpachtungen setzte er in den folgenden Jahren in verschiedenen Bezirken abwechselnd ununterbrochen fort und erhielt endlich im Jahre 1831 den Gesammtpacht der Biersteuer im ganzen Königreiche Illyrien um den Betrag von 70.000 fl., im folgenden Jahre aber, der drohenden Cholera-Epidemie wegen, um 49.000 fl.
Das Jahr darauf wurde Lanner von der Kameralgefällen-Verwaltung in Laibach in sehr schmeichelhaften Ausdrücken aufgefordert, an der Versteigerung derselben Steuer theilzunehmen und erhielt die Pachtung um 65.000 fl., obwohl Michael Fischer in Wien um 2500 fl. mehr geboten hatte, und als 1834 die Regierung die Einhebung dieser Steuer in eigene Verwaltung nahm, wurde Lanner von den Behörden die Zufriedenheit mit seiner Geschäftsführung ausgedrückt und sein Verfahren als nachahmenswürdig bezeichnet.
Mitten unter diesen ausgebreiteten und, wie wir voraussetzen müßen, ebenso heiklichen als mühevollen Unternehmungen war Lanner doch unablässig darauf bedacht, seinen großen Wirthschaftsbetrieb zu verbessern, zu erweitern, neue Industrie-Zweige mit demselben zu verbinden, jedwede neue Erfindung auf seinem Grund einzubürgern und sich nutzbar zu machen.
Nachdem er, wie oben erwähnt, schon 1819 Bier zu brauen angefangen, baute er 1822 zu Krumpendorf eine neue Brauerei, 1825 einen großen Bierkeller, umstaltete 1823 das Maierhaus zur Branntwein-Brennerei und begann gleichzeitig eine Viehmastung im Großen, zu welchem Zwecke er 1829 den großen Stall auf 124 Stück Vieh erbaute. Gleichzeitig erbaute er die übrigen Wirthschaftsgebäude vom Grunde auf neu oder umstaltete sie zweckentsprechend, kaufte die zur Abrundung seines Betriebes dienenden Wertnig- und Piberhuben und 1825 die Herrschaft Rottenmann, die er jedoch zwei Jahre darauf wieder verkaufte, nachdem sein Vater, der sie verwaltet hatte, gestorben war.
Lanner übernahm 1828 die Abstockung des Bürgerspitalberges in Dabein bei Keutschach; er und Ebner waren die ersten, welche 1830 auf Abbau des Turier Steinkohlenlagers sich belehren ließen. Im Jahre 1833 begann er in Krumpendorf die Zuckerfabrikation aus Runkelrüben, und als diese 1840 aufgelassen wurde, die Schnellessigfabrikation. Schon um diese Zeit begann er auch ausgedehnte Maulbeerpflanzungen und Wiesenbewässerung und vollendete den Bau des Schlosses Drasing, das er im Jahre 1832 als Ruine gekauft hatte.
So hatte Lanner, seitdem er das väterliche Gut übernommen, fast 3 Jahrzehnte in rastloser Arbeit und unternehmungsvoller Thätigkeit zugebracht, es hatte seinem verstandesklaren Wollen, seinem nie ermüdenden Streben auch immerdar die Sonne des Glückes gelächelt, allenthalben war allen Unternehmungen der günstigste Erfolg zur Seite gestanden, aber auch im enggezogenen Kreise seiner Häuslichkeit war Lanner glücklich im Anblick seiner Kinder, die er im vollsten bürgerlichen wie geistigen Wolsein heranwachsen und gedeihen sah. Doch auch sein bisher so glückerfüllte Leben sollte nicht frei von herben Prüfungen sein, ja, Lanner hatte die härteste zu bestehen.
Der Tod des einzigen Sohnes
Von seinen 7 Kindern war das drittgeborene ein Sohn, der in körperlicher wie geistiger Beziehung in vollster Gesundheit sich entwickelt hatte. Mit Leichtigkeit erlernte der Knabe die Anfangsgründe des Wissens und überflügelte sein reich begabter Geist in den Gymnasial-Studien die meisten seiner Mitschüler, er war ebenso der geliebte Freund seiner Jugendgenossen wie der bevorzugte Liebling seiner Lehrer. Mußte ein ebenso liebenswürdiger Jüngling mit so warmem Herzen und so ungewöhnlichen Fähigkeiten, wozu eine ausgesprochene dichterische Begabung gehörte, die Freude und der Stolz jedes Vaters sein: so ist es selbstverständlich, daß auch Lanners natürliche Liebe, die er zu seinen Kindern hegte, in dem einzigen hoffnungsvollen Sohne gipfelte, in ihm die reichen Hoffnungen des Vaterherzens sich conzentrirten und die Radien seiner Wünsche und Erwartungen, die er nach allen Richtungen in dem Kreis seines Schaffens und Wirkens ausgedehnt, in dem Sohn, den dereinstigen Erben und Vollender seiner Bestrebungen, wie in einem Brennpunkte zusammenliefen. Der junge Eduard hatte bald das 20. Lebensjahr vollendet und studierte eben im Elternhause die Rechtswissenschaft, als er an Gehirnentzündung erkrankte und am 26. December 1840 in den Armen seines Vaters verschied!
Der Schlag, der eine so reiche Saat vollberechtigter Hoffnungen völlig zerstörte, war für Lanners tiefes Gemüth ein fast vernichtender, er verfiel alsbald in eine lange und dauernde Krankheit, von der er sich nur langsam erholte, nachdem er im nächsten Jahre die Kur zu Karlsbad und in den beiden darauf folgenden die zu Rohitsch gebrauchte und kleinere Reisen in Begleitung seiner Töchter gemacht hatte. Kehrte aber auch allmälig die Gesundheit wieder, so können wir doch nicht verkennen, daß der belebende Nerv seiner Thätigkeit, der Muth und die Freude gebrochen war, mit der er früher neue Arbeiten begonnen, die alten Unternehmungen fortgesponnen und erweitert hatte.
Tagebucheintrag
Eduard war in Pirk begraben. Der Schmerz des Verlusts wog so schwer, dass Lanner es mehr als drei Jahre mied, nach Pirk zu gehen. Erst danach war er wieder in der Lage, die Grabstätte seines geliebten Sohnes zu erblicken, wie er in seinem Tagebuch 1844 verzeichnete. Er schrieb: „Bereits mehr als drey Jahre verrannen in die Fluth der Vergangenheit, seit er von mir schied, seit seine irdische Hülle in dem Friedhof zu Pirk ruht. Nie sah ich noch seine Ruhestätte, nie betrat ich seither den Friedhof und die Kirche, nie den Weg, der von der Moosburgerstraße nach Pirk führt. Mein Schmerz gestattete mir nicht, die Stätte zu betreten, in welcher seine irdischen Reste zerfallen. Mit Schauder betrat ich, eines Geschäftes halber, wieder den Weg nach Pirk zum erstenmale, seitdem ich ihn zum letztenmale als Leich zurücklegte. Ich stieg die Anhöhe zum Pirkerweg, dem Waldhüther zu, hinan, die Augen fest auf den Boden gerichtet, um meinen Blick nicht unwillkürlich nach der nahen Kirche zu wenden. Seither zum erstenmale sah ich die Quelle wieder, woraus wir drei Monathe vor seinem Tod tranken; der Tisch an dem wir damals vergnügt saßen, war dicht mit Schnee verhüllt. Reminiszenzen an das Damals erfüllten meine Seele, ein düsteres Gefühl bitterer Täuschung froh gehegter Lebenshoffnungen überwältigte mich, bis die Überzeugung Oberhand gewann, dass hienieden nichts vollkommen seyn könne, daß jedes Glück und jedes Unglück plötzlich oder allmählich in dem Zeitenstrome schwindet, wie sich die durch den Lufthauch erregte Welle von selbst wieder ebnet, daß unser Halt in einer Berufung, in einer Zuversicht an einem endlichen Veredlungszustand bestehen müsse, zu dem mein Eduard mir nur vorangeschritten ist. Wehmütig, aber fest und gestärkt wendete ich mein Auge auf dem Rückwege auf die Stätte, wo er ruht, aber menschliches Vornehmen ist selten standhaft, meine Nerven bebten, ich stöhnte schmerzhaft auf, endlich flossen meine Tränen.“
Amalia, Franziska, Vater Thaddäus, Kamilla, Mutter Ursula, Emma und Karoline,
Pauline fehlt (v. l.); an der Wand: Melchior von Lanner, Thaddäus Vater
Im Dienst der Allgemeinheit
So sehen wir Lanner, der auch bereits im 50. Lebensjahre stand, als er in seinem Sohne die schönsten Lebenshoffnungen begrub, keine neuen weitaussehenden Unternehmungen mehr beginnen, aber ganz erstorben war sein Thätigkeitdrang noch lange nicht.
In dem Maße, als er mit der wiederkehrenden Gesundheit sein gebeugter Geist sich wieder erhob, kam auch die alte Lust des Schaffens und der Arbeit wieder und während er seinen Wirthschaftsbetrieb zu verbessern und, was Erfahrung und Wissenschaft Neues förderte, demselben anzupassen bemüht war, ließ für die Arbeit seiner letzten Lebensjahre in seinem Gemüthe die warme Liebe zu seiner Heimat einen sanften Abendschimmer jenes Sonnenglanzes aufleuchten, der mit seines geliebten Sohnes Hinscheiden erloschen war. Wo es zum Frommen der Heimat zu schaffen und zu wirken galt, fehlte Lanners immer bereite Hilfe, sein einsichtsvoller Rath, seine hingebende Thätigkeit nie, sein Name ist mit dem Werden und Gedeihen aller heimischen Institute innig verflochten. Zwanzig Jahre noch, nachdem ihm seine größte Lebensfreude genommen, wirkte und schuf Lanners Liebe zu seiner Heimat für dieselbe, bis sie mit seinem Leben erlosch.
Wir müssen uns begnügen, hier seine rastlose Thätigkeit nur anzudeuten, ohne in die Bedeutung und Erfolge derselben eingehen zu können.
Schon im Jahre 1828 wurde Lanner Mitglied der heimischen Landwirthschaft-Gesellschaft, 1835 Ausschuß derselben und bleib es bis zu seinem Tode. Im Jahre 1831 wurde er Mitglied der damals bestehenden Handels-Commission, der er unter mehrfacher Anerkennung treffliche Arbeiten lieferte. Im Jahre 1835 war er mit unter den Gründern der kärnt. Sparcasse und wurde in der Stifter-Versammlung zum Direktor derselben gewählt. 1836 wurde er vom illyrischen Gubernium zum ökonomischen Beisitzer bei den Berathungen des neuen Katasters gewählt, im folgenden Jahre ward er, nachdem er dem niederösterreichischen Industrie-Vereine beigetreten war, zum Delegierten-Ausschuß erwählt und hielt als solcher bei der allgemeinen Versammlung in Graz einen Vortrag. Bei der 1838 zur Feier der Anwesenheit Sr Majestät Kaiser Ferdinand veranstalteten Industrie-Ausstellung war Lanner in der Ausstellungs- und Beurtheilungs-Commission, er ward 1841 von der Landwirthschafts-Gesellschaft zum Director-Stellvertreter und Gau-Correspondenten von Krumpendorf und Glanthal gewählt, besuchte 1846 die Versammlung der deutschen Land- und Forstwirte in Graz und hielt dort seinen Aufsehen erregenden Vortrag über Hornviehernährung.
Politische Tätigkeit
Als im Jahre 1847 auch in Kärnten das Bedürfnis politischer Reformen gefühlt wurde und die Stände Kärntens, diesem Bedürfnisse entgegenkommend, eine Neugestaltung der öffentlichen Zustände herbeizuführen anstrebten, ward Lanner in den zu diesem Zwecke gebildeten verstärkten ständischen Ausschuß berufen und arbeitete in dem aus demselben hervorgegangenen Comité den von diesem dem Landtage vorgelegten Gesetzentwurf zur „Ablösung der Naturalleistungen“ sowie in einem anderen Comité einen Entwurf einer im hohen Grade entsprechenden und freisinnigen Gemeinde-Ordnung aus und war überhaupt einer der eifrigsten nicht nur, sondern gewiß auch kenntnis- und erfahrungsreichsten Mitglieder des genannten Ausschusses.
Dieser seiner politischen Thätigkeit ward 1848 ein noch größerer Spielraum geöffnet, als er als Mitglied des Landtages von Kärnten und zu dem im Juli eröffneten Reichstag und zwar in Völkermarkt und Klagenfurt zugleich als Abgeordneter gewält wurde und letztern Walbezirk zu vertreten annahm.
Lanner saß im Reichsrath im linken Centrum, ging mit der an Kaiser Ferdinand nach Innsbruck entsendeten Ergebenheits-Deputation, interpellirte das Ministerium wegen der Salzpreise in Kärnten, saß im Verfassungs- und Grundentlastungs-Ausschusse, verblieb daselbst auch während und bis zum Schluße der October-Ereignisse und hielt seine Mission erst für beendet, als der Reichstag am 4. März 1849 zu Kremsier aufgelöst wurde.
Damit aber war Lanners öffentliches Wirken nicht beendet, indem er zu mehreren vom Ministerium Stadion eingesetzten Berathungs-Commissionen beigezogen wurde. –
Bürgermeister und Landrat
Bei den 1850 angeordneten Gemeinde-Wahlen wurde Lanner Bürgermeister in Krumpendorf und blieb es bis zu seiner Übersiedlung nach Klagenfurt (1860).
Als 1861 die Februar-Verfassung ins Leben trat, ward er vom Walbezirk Umgebung Klagenfurt in den Landtag von Kärnten gewählt, wohnte jedoch nur der ersten kurzen Sitzungsperiode desselben Jahres, in welcher er zum Landesausschuss-Stellvertreter gewält ward, bei, indem ihm noch in demselben Jahre der Tod von seiner irdischen Thätigkeit abrief.
Pionier der Landwirtschaft
Was Lanner der kärnt. Landwirthschaft-Gesellschaft gewesen, was er ihr, was er durch sie geleistet, können wir gleichfalls nur andeutend erwähnen, müssen aber vorausschicken, daß bei aller und jeder Thätigkeit derselben, bei so vielen Versuchen, Vorschlägen, Gutachten, Verbesserungen u. dgl., die von ihr ausgegangen, Lanners gediegenen Kenntnisse und reiche Erfahrung, verbunden mit seiner steten Bereitwilligkeit, zu nützen und zu arbeiten, fast immer wesentlichen Antheil hatten.
Bald nachdem er 1841 Ausschuß derselben geworden, suchte er das Leben und die Thätigkeit derselben anzuregen und zu regeln, indem er den Vorschlag machte, für die einzelnen Zweige des landwirthschaftlichen Wissens und Betriebes aus den Mitgliedern Fachreferenten zu erwählen, in den Gauen auf dem Lande Gauversammlungen abzuhalten u. s. f. In den Jahren 1845, 1846, 1847 leitete Lanner, der mit lebhaftem Interesse die Ansichten und Theorien Liebigs „über Ernährung der Pflanzen und darauf zu gründenden rationellen Feldbau“ studirt hatte, die in ausgedehnter Weise angestellten Düngungsversuche mit mineralischem Dünger; wenn Liebig über den Eigensinn und die Beschränktheit der Landwirte Klage zu führen glaubte, finden wir in der Gesellschaft weder, noch weniger in Lanner eine Berechtigung dazu. Im Jahre 1846 und 1847 veröffentlichte er in den „Mittheilungen“ der Gesellschaft seine vortreffliche Arbeit über „Hornvieh-Ernährung und den Wert der Futterstoffe“, welche bei der Versammlung der deutschen Landwirte in Graz 1846 verdiente Würdigung und in den meisten landwirthschaftlichen Fachblättern Platz gefunden hat.
Im Jahre 1847 machte er mit Prettner und v. Humelauer den Vorschlag zur Einführung rationeller Witterungsbeobachtungen in Kärnten, der, ausgeführt, den Grund zu dem noch bestehenden Beobachtungs-System legte und zur Folge hatte, daß Kärnten besser als vielleicht irgend ein Land klimatisch erforscht ist.
Noch in demselben Jahre 1847 hielt er später veröffentlichte Vorträge über „Nothwendigkeit von Salzgaben bei Viehmästung“, „über Limito-Salz“, „Kartoffelfäule“, wurde in das ständige Comité der Gesellschaft zur Erörterung der Robotfrage gewählt u. s. w.
Im Jahre 1848 war er im Comité zur Gründung des Museums, übernahm interimistisch die Redaction der „Mittheilungen“.
Im folgenden Jahre wurde er von der Gesellschaft als Vertrauensmann in das am Ministerium aufgestellte Comité für Vorberathungen der Servituten-Ablösung gewält; 1850 lieferte er ein Gutachten über Aufhebung der „Fleischsatzung“, 1851 eines über „Gemeindeweiden-Vertheilung“, wurde in das Comité zur Entsumpfung des Waidmannsdorfer Moores und in das vom Landes-Ausschusse aufgestellte zur Berathung der Eisenbahnfrage, ingleichen in das Comité für Errichtung einer technischen Schule gewält und lieferte noch den Entwurf einer Dienstbothen-Ordnung und den eines Gesetzes für Wasserbenützung, sowie einen Bericht über Erdäpfelkrankheit und die angewandten Gegenmittel.
In den nächsten Jahren arbeitete er in den Comités für „Forstcultur“ und über „Cassation der Grundstücke“, lieferte Gutachten über „Waldverwüstung“, „Pferde-Praemium-Vertheilung“, „Strickweiden“, „Düngung und Knochenmehl“, „Pferdezucht“ u. a. Im Jahre 1857 lieferte er einen Bericht über den damaligen Futtermangel, ein Gutachten darüber an die Landesregierung und das Gesuch um Bewilligung von Limito-Salz, 1858 berichtet er über eine Hufbeschlaglehranstalt und Thierspital, beantragt 1859 ein Gesetz zur Abhaltung des Weideviehes von Feldern und lieferte 1860 seinen letzten Bericht über Seidencultur in Drasing.
Gesellschaftliche Anerkennung
Dass so nachhaltige, ebenso inhaltreiche als umfassende Thätigkeit der verdienten Anerkennung theilhaftig werden mußte, war ebenso natürlich, als dass er die vielen reichen Auszeichnungen, mit denen er allmälig überhäuft wurde, obwol er keineswegs unempfindlich dafür war, doch weder suchte, noch überschätzte. Schon im Jahre 1825 besuchte Graf Firmian, Erzbischof von Wien, in Begleitung des Grafen Dietrichstein Lanner in Krumpendorf, um seine landwirthschaftlichen Anstalten zu besuchen, im Jahre 1830 Kaiser Franz in Begleitung seiner Gemalin, 1834 Erzherzog Rainer mit Gemalin, 1838 Graf Wilczek, Präsident der Hofkammer, und Graf Hammer-Burgstall, 1842 Graf Weingarten, Gouverneur von Illyrien, und 1843 Graf Peter Goës; Erzherzog Johann aber kam nie nach Klagenfurt, ohne Lanner zu besuchen (so 1832, 1834, um die Rübenzuckerfabrik zu sehen, 1845 mit Frau und Sohn, 1850 zum letzten Male).
Schon im Jahre 1828, im März, wurde Lanner von der Landwirthschaft-Gesellschaft in Steiermark in Folge eines an sie gesandten Aufsatzes zum Mitgliede gewält, im August von der heimischen, 1834 sandte ihm der landwirthschaftliche Verein von Hessen-Kassel das Diplom, 1840 wurde er von der Landwirthschaft-Gesellschaft in Goerz, 1841 von der zu Wien zum Mitglied, 1849 vom landwirthschaftlichen Verein für Baiern zum Ehrenmitglied, 1852 vom mährischen-schlesischen Vereine für Landeskunde zum correspondirenden Mitglied ernannt. Bei der Industrie-Ausstellung 1838 erhielt er die silberne Medaille für Rübenzucker, sowie eine Anerkennung für Balagueser Hanf.
Von der Regierung wurden ihm viele Anerkennungen zu Theil. Schon 1835 wurde ihm durch Hofkammer-Decret ihre Belobung in Anerkennung seiner Leistungen als Landwirt ausgedrückt, ebenso wurde er 1834 für seine Arbeiten in Catastral-Angelegenheiten, 1835 für Leistungen als Handels-Commissions-Mitglied u. s. f. belobt, 1850 aber durch das Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens ausgezeichnet.
Dass Lanner, so oft Wahlen zu repraesentativen Körperschaften stattfanden, immer und zwar mit überwiegender Stimmenmehrheit gewält wurde, ist eine auszeichnende Anerkennung seines Wissens und seines Charakters von Seite seiner Mitbürger. Lanner war aber auch in der That zu einem Volksvertreter wie gemacht, er hatte dazu die umfassenden Kenntnisse, reiche Erfahrung und festen Charakter. Er war durch und durch liberal, das Robot-Ablösungs-Gesetz, die Gemeinde-Ordnung, die er, der Herrschaftsbesitzer, für den Landtag entworfen, bezeugen die Art seines Liberalismus, dieser war nicht [von] jener wolfeilen Sorte, die auf Phrasen basirt oder in einseitigen Doktrinen verrannt, er war hervorgegangen aus seiner Erfahrung, seiner Kenntnis des Landes, dessen Bewohner und ihrer Bedürfnisse, die er durch seinen Aufenthalt am Lande, als Landwirth, „Pfleger“ der Herrschaft, Steuerpächter und Gemeinde-Vorstand kennen gelernt und mit warmen, theilnamvollen Herzen wargenommen hatte.
Lanner hatte den Grund zu seiner Bildung nicht in langem regelmäßigen Studiengange legen können, er mußte selbst sein Lehrer sein und mitten in einer sorgenvollen, weitgreifenden Geschäftsthätigkeit Zeit zu mühsamen Studien finden, um nicht nur eine gründliche Lehre des Landbaues, sondern auch die Elemente jener Wissenschaften sich eigen zu machen, auf welchen jene beruht. Mag man auch zuweilen ihn den Autodidakten angemerkt haben, die Gründlichkeit seines Wissens verrieth ihn nie, vielleicht aber die Begierde, die emsige Freude, mit der er Belehrung aufsuchte, wo er sie zu finden hoffte, mit der er sein Wissen zu befestigen und zu erweitern bemüht war. Rastlos war er bemüht, den Kreis seiner Kenntnisse zu erweitern, und so kam es, dass Lanner zuweilen bei den Vorträgen Jüngerer als Zuhörer zu sehen war, während er lebhaften Briefverkehr mit anerkannten Fachmännern (Pabst u. a.) unterhielt, Besuche ausgezeichneter Männer empfing, um seine Anstalten zu zeigen, und junge Leute aus fernen Ländern bei ihm weilten, um von ihm Praxis und Theorie des Landbaues und Thierproduction zu lernen.
Wissenschaftliches Wirken
Unablässig ging sein Bestreben dahin, sein Wirken und Schaffen auf wissenschaftliche Grundsätze zu gründen (seine Bestimmung der Futterwerte), den Land- und Feldbau wissenschaftlich zu erkennen, und daher blieb Liebig, der ihm eine solche Erkenntnis bot, immerdar sein Idol. Suchte er auch gerne seinen Studien eine poetische Richtung zu geben, das, was ihm die Wissenschaft bot, in einer Praxis anzuwenden, für das Leben nutzbar zu machen, so schätzte er doch das Wissen nicht nach dem Vortheil allein, den es ihm brachte, er hegte vor der Wissenschaft als solcher eine tiefe Verehrung und konnte mit gleichem Eifer auch über einem Buche studiren, das ihn weitab von Thier- und Pflanzenernährung, vielleicht in die verworrenen Kreise der Sternbahnen führte. Die großen Resultate der neueren Wissenschaft wußte er alle verständnisvoll aufzunehmen in ein reiches, nimmer rastendes Geistesleben.
Der Poet
Aber nicht der kalte Verstandesmensch der wissenschaftlichen Praktiker war Lanner, der er Manchem scheinen mochte; in ihm lebte in selten anziehendem Vereine mit verstandesklarem Wollen doch auch ein poetisches Empfinden und phantasievolles Ahnen, ein tiefes, warmfühlendes Gemüt! In seinem Bücherschranke standen neben den Fachwerken die deutschen Dichter älterer und neuerer Zeit und im freundschaftlicher Gedanken-Austausche da blitzten, wenn auch nicht häufig, die Perlen poetischer Begeisterung auf, und da konnte Lanner oft lange Strophen seiner Lieblingsdichter recitiren, welche Einblicke in sein tiefes Gefühlsleben gestatteten. Oft waren es herrliche Anklänge des Ahnens eines höheren Lebens, die da über seine Lippen kamen, von ihm da oder dort, meist älteren Dichtern ausgelesen und in seinem Gedenkbuche gesammelt wurden.
Wie groß und innig war daher seine Freude, als er in seinem Sohne das aufkeimende dichterische Talent bemerkte, wie wehmutsvoll ihr Nachklang, als er die vergilbten Blätter seiner poetischen Blüten sammelte und herausgab und die schönen Punkte in Drasing und der „Eduard Höhe“ mit Stellen aus denselben schmückte.
Alle diese Züge seines Wesens erhielten aber erst ihren Wert durch die Festigkeit, Solidität und strenge Ehrenhaftigkeit seines Charakters. Wie die Stände Kärntens dem Jünglinge große Summen anvertraut hatten, so galt durch ein langes Geschäftsleben sein Wort so viel wie Schrift und Pfand; auf ihn setzten seine ehemaligen Unterthanen, seine Nachbarn und Freunde unbedingtes Vertrauen, alle liebten und verehrten ihn, wie einen Vater.
Der Tod Lanners
Als Lanner im Jahre 1860 sein siebenzigstges Lebensjahr überschritten, hatte er seine Besitzungen Krumpendorf und Drasing zweien seiner Töchter abgetreten und zog sich nach Klagenfurt in das von ihm erbaute Häuschen im Ochsengarten [zurück].
Zu den Entitäten, die er sich noch vorbehalten, gehörte auch sein Steinkohlenbau bei Keutschach und in gewohnter Thätigkeit war er bemüht, ihn zu verbessern und Absatzquellen zu finden.
Ende September 1861 war ein großes Schiff, das er zum Kohlentransport sorgfältig gebaut, durch Nachlässigkeit der Schiffer nach dem Landungsplatze in den Grund gesunken. Lanner nahm den Unfall besonders schwer. „Es ist, als ob mein Leben daran hänge“, sagte er zu einem Freunde und machte große Anstrengungen, um das Schiff wieder zu heben; sie waren vergeblich – aber von ihnen leitete man eine Lungen- und Rippenfell-Entzündung ab, die ihn bald darauf befiel. Wol schien seine kräftige Natur die Krankheit bewältigen zu wollen, doch am 13. October Abends 8 Uhr verschied er sanft an eingetretener Lungenlähmung.
Tief und innig beweinten den Heimgang des seltenen, edlen Mannes seine Angehörigen, seine Freunde, das ganze Land!
Quellen:
- Gedenkbuch der Volksschule Krumpendorf, begonnen am 1. Nov. 1874, Biografie Thaddäus von Lanner, Seiten 25 – 33, transkribiert von Univ.Prof. i.R. Mag. Dr. Elmar Lechner, Original-Rechtschreibung beibehalten; März. 2014
- „Thaddäus von Lanner“ von Anton Kreuzer / Franz Pickert, 1971
- Die Bauern werden frei, Werner Drobesch u. Claudia Fräss-Ehrenfeld (Hgg.), Verlag des Geschichtsvereins, Klagenfurt 2007